Die spanische Ordnung wird durch die Revolution in Katalonien erschüttert. Braucht es eine Einheit der spanischen und katalanischen ArbeiterInnenklasse? Wie kann sie trotz nationalistischen Tendenzen bewahrt werden? Ein Auszug aus einem Diskurs der marxistischen Strömung in Katalonien.
Der 27. Oktober war ein historischer Tag. Zum ersten Mal seit 80 Jahren wurde eine Republik innerhalb des Territoriums des spanischen Staats ausgerufen. Das Katalanische Parlament erklärte Katalonien als unabhängige Republik. Schnell reagierte der Spanische Staat und kündigte die Abschaffung der Katalanischen Regierung und die Auflösung des Parlaments an. Am 21. Dezember soll es Neuwahlen geben. Dies ist ein harter Schlag gegen die Demokratie.
Die Republik in Katalonien hat die Unantastbarkeit der spanischen Ordnung frontal angegriffen. Es hat gezeigt, dass der Staat grundlegend undemokratisch ist. Überbleibsel aus der Franco-Ära wie die «Unauflöslichkeit der Spanischen Nation» sind tief in der Verfassung verankert. Auch die Bourbonen-Monarchie, welche ein Relikt der Vergangenheit ist, ist durch die Republik gefährdet.
Wie kann die ArbeiterInnenklasse gewonnen werden?
Wir müssen ehrlich und klar sein. Die Katalanische Republik hat eine mächtige Kraft entwickelt. Davon zeugt die Unterstützung von Millionen von katalanischen ArbeiterInnen, Arbeitslosen, Jugendlichen und KleinbürgerInnen. Aber wir müssen eingestehen, dass ein entscheidender Teil der katalanischen ArbeiterInnenklasse den bürgerlichen und kleinbürgerlichen Anführern der Unabhängigkeitsbewegung misstraut. Die spanischen und katalanischen Kapitalisten lancieren einen Wirtschaftskrieg gegen die Katalanische Republik. Viele machen sich Sorgen um ihre Arbeitsplätze und ihre Renten. Viele ArbeiterInnen möchten die Verbindung zur spanischen ArbeiterInnenklasse nicht verlieren.
Es ist unerlässlich für die Unabhängigkeitsbewegung, diese Schichten von einer sozialistischen Republik zu überzeugen. Denn die soziale Basis für die Republik muss erweitert werden. Nur so kann man verhindern, dass der spanische Nationalismus diese Schichten manipulieren kann. Geschieht dies nicht, kann der spanische Staat die ArbeiterInnenklasse spalten und diese gegen jene ausspielen, welche sich der Bewegung bereits angeschlossen haben. Werden diese Teile der ArbeiterInnenklasse nicht überzeugt, kann es keine sozialistische Republik in Katalonien geben. Dazu kommt, dass der spanische Staat ein mächtiger Gegner ist. Er ist mit allen imperialistischen Mächten Europas verbündet. Die Katalanische Revolution darf nicht isoliert bleiben, sondern muss über ihre Grenzen hinausgehen. So wie es die Bolschewiki vor 100 Jahren in Russland nach dem Sieg der Oktoberrevolution versuchten.
Dies bedeutet zunächst, den Kampf für die Republik und den Sozialismus auf den Rest des spanischen Staates auszudehnen. Dies wird der effektivste Weg sein, die spanische Reaktion gegen Katalonien auf ihrem eigenen Terrain zu schwächen und gleichzeitig den Kampf gegen das Regime von 1978, für die Republik und den Sozialismus über Katalonien hinaus auszuweiten.
Der CUP, insbesondere die marxistische Organisation Endavant, und die Linken Parteien tragen dabei eine besondere Verantwortung. Es ist nicht die Zeit der Diplomatie. Es steht viel auf dem Spiel. Sie müssen deutlich erklären, was getan werden muss.
Wir bewundern die Selbstlosigkeit, Opferbereitschaft, Ehrlichkeit, Hingabe und Kampffähigkeit der GenossInnen der CUP und anderen Teilen der revolutionären katalanischen Linken. Aber die richtige Taktik, um die Arbeiterklasse zu gewinnen, ist wichtiger als die bloße Kampfbereitschaft gegen den spanischen Staat.
Die katalanische revolutionäre Linke muss Schlussfolgerungen ziehen. Es ist unerlässlich, ausdrücklich an die spanische ArbeiterInnenklasse, ihre Organisationen und an die Strömungen und Parteien der spanischen Linken zu appellieren, dem Beispiel Kataloniens zu folgen und sich gegen das Regime von 78 und die Monarchie zu erheben.
Eine echte internationalistische Politik der Katalanischen Linken ist der beste Weg, um die Bedenken zu überwinden, die in den verschiedenen Schichten der ArbeiterInnenklasse innerhalb und ausserhalb Kataloniens bestehen, sich dem Kampf für die Republik und den Sozialismus anzuschließen. Der Kampf um eine katalanische sozialistische Republik kann und sollte kein Selbstzweck sein, sondern – wie wir schon erwähnt haben – der Funke, der die Revolution auf der Iberischen Halbinsel und darüber hinaus entfacht.