Mit Katalonien steht die deutsche Linke vor einer Situation, mit der die meisten noch nicht umzugehen wissen und aus der manche teilweise fatale Schlüsse ziehen. Die dominierenden Ideen der Bürgerlichen und linken Reformisten, auf diplomatische Verhandlungen mit der EU und der rechten Regierung in Madrid zu setzen, würden faktisch den Todesstoß für die revolutionäre Bewegung in Katalonien bedeuten.
Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung, welche noch vor ein paar Jahren kaum mehr als 10 Prozent Zustimmung bekam, wuchs nach den schlechten Ergebnissen von UNIDOS PODEMOS bei den letzten spanischen Parlamentswahlen rasant auf rund 50 Prozent Zustimmung. Das Parteienbündnis um PODEMOS wurde in Katalonien stärkste Kraft. Dies war in keiner anderen Region Spaniens der Fall und ist ein Ausdruck von Unzufriedenheit in der Bevölkerung über Demokratiedefizite, Sozialabbau, Kürzungen, Korruption und die Monarchie.
Katalonien war in der jüngsten Vergangenheit bereits das Zentrum für soziale Massenproteste gegen die rechte Madrider Zentralregierung und ihre Kürzungsprogramme. Der Kampf gegen die Missstände in Katalonien hat nun seinen Ausdruck in einer fortschrittlichen Unabhängigkeitsbewegung gefunden, auf die Madrid mit harter Repression reagiert.
Bürgerliche Politiker wie Regionalpräsident Puigdemont haben die Kontrolle über diese Massenbewegung verloren. Nötig ist eine linke Führung mit einem sozialistischen Programm. Nur so wird Unabhängigkeit möglich sein und die Bewegung für die Abschaffung der spanischen Monarchie mächtigen Auftrieb erhalten. Linke in Deutschland und weltweit müssen mit dieser Bewegung solidarisch sein. Anstatt sie als böswillige „Separatisten“ zu verurteilen oder sich auf die Verfassung des postfranquistischen Staates zu berufen, in der die Unterdrückung der nationalen Minderheiten einzementiert ist, sollten wir in der LINKEN für Solidaritätsaktionen werben und für sozialistische Positionen kämpfen.
Zu einer öffentlichen Veranstaltung über die Lage in Katalonien lud die LINKE-Stadtteilgruppe im Wiesbadener Westend schon Mitte Oktober ein. Dabei referierte Miguel Sánchez von der Auslandsorganitation der spanischen Vereinigten Linken (IU) über die Geschichte Kataloniens und den revolutionären Charakter der aktuellen Bewegung und beantwortete viele Fragen.
Auf dem hessischen Landesparteitag am 12. und 13. November 2017 sprach Hans-Gerd Öfinger als einziger Debattenredner in der Aussprache über das Referat des Parteivorsitzenden Bernd Riexinger das Thema Katalonien an. „Genau so begeistert wie wir heute unsere Solidarität mit dem Freiheitskampf des kurdischen Volkes ausgedrückt und Freiheit für Öcalan gefordert haben, sollten wir solidarisch zur Bewegung in Katalonien stehen und die Freilassung der politischen Gefangenen fordern“, rief er den Delegierten zu. „Wir sollten zum nächsten Parteitag Vertreter der katalanischen Linkspartei Candidatura d’Unitat Popular (CUP) einladen, die als treibende Kraft am linken Flügel der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung wirkt.“ Diese Anregung ist umso wichtiger, als die CUP durch die Führung der restlichen spanischen Linken von PSOE über Podemos bis IU ignoriert oder sogar bekämpft wird.
Ein Teil der Parteitagsdelegierten forderte schließlich in einer demonstrativen Aktion die Freilassung aller politischen Gefangenen in Katalonien und verurteilte die repressive Politik Madrids. Dies sollte als Debattenanstoß genutzt werden, um weitere Teile der Mitgliederschaft aufzurütteln.
Am 15. Oktober brachte der Bundesarbeitskreis (BAK) Revolutionäre Linke, der größte Arbeitskreis innerhalb der Linksjugend ['solid], auf Initiative von Funke-Unterstützern ebenfalls eine Solidaritätsaktion zu Katalonien an die Öffentlichkeit. Die Forderung ist noch weitgehender. Auf der Facebookseite heißt es: „Als revolutionäre und internationalistische Strömung innerhalb von linksjugend ['solid] solidarisieren wir uns auf unserem RL-Treffen in Erfurt mit den Massenprotesten für Unabhängigkeit in Katalonien in den letzten Wochen. Für eine sozialistische Republik der ArbeiterInnen in Katalonien und eine sozialistische Föderation der Iberischen Halbinsel!“
DIE LINKE sollte einen internationalen Appell an alle kritischen Jugendlichen und Arbeiter*innen in Europa zur praktischen Solidarität mit der linken Bewegung in Katalonien starten. Wenn solch eine Botschaft zu den Massen Kataloniens vordringt, werden diese noch eher begreifen, auf welche politischen Kräfte sie sich stützen müssen, um ihre Interessen durchzusetzen!
Für folgende Punkte sollten wir innerhalb der LINKEN kämpfen:
- Freiheit für alle politischen Gefangenen!
- Verteidigung des nationalen Selbstbestimmungsrechts für Katalonien, das Baskenland und Galizien!
- Eine scharfe Verurteilung der Politik der spanischen Regierung und der EU!
- Die Notwendigkeit revolutionär-sozialistischer Politik für eine katalanische Republik der Arbeiterklasse als Zündfunke für die iberische Revolution!