Die deutsche Veröffentlichung des Romans Der Mann, der Hunde liebte des kubanischen Autors Leonardo Padura ist ein Ereignis von großer politischer und kultureller Bedeutung. Ich las diesen bemerkenswerten Roman als er auf Spanisch erschien und er beeindruckte mich sehr. Ich wollte damals eine Rezension schreiben, wurde aber durch verschiedene Umstände davon abgehalten. Mit dem größten Vergnügen werde ich hiermit das Versäumte nachholen.
Der 1955 in Havanna geborene Leonardo Padura ist sowohl ein bedeutender Schriftsteller als auch Journalist und Kritiker. Er hat verschiedene Romane, Kurzgeschichten und Sachbücher verfasst. Seine Romane, in denen der Detektiv Mario Conde die Hauptrolle spielt, sind in viele Sprachen übersetzt worden und haben weltweit Literaturpreise gewonnen.
Padura ist in erster Linie als Krimiautor bekannt. Aber sein Roman Der Mann, der Hunde liebte ist völlig anders. Meiner Meinung nach kann er als moderner Klassiker bezeichnet werden, eine Kombination aus minutiöser historischer Recherche und der Kreativität eines Schriftstellers auf höchstem Niveau.
Der neugierig machende Titel ist das Produkt eines literarischen Mittels, mit dem der Autor versucht, die verschiedenen Schicksale seiner drei Hauptcharaktere zu verbinden. Da sind der kubanische Schriftsteller Iván, der große russische Revolutionär Leo Trotzki und dessen Mörder Ramón Mercader. Der letztgenannte ist der Mann, der Hunde liebte. Für das zentrale Thema des Buches ist es vollkommen irrelevant, ober diese enge Zuneigung zu den Hunden bestanden hat oder auch nicht. In bester Tradition des historischen Romans vermischt Padura historische Fakten mit kreativer künstlerischer Fantasie.
Schuld und Sühne
Die Geschichte dreht sich um die fiktive Figur, Iván Cárdenas Maturell, der in seiner Jugend ein vielversprechender kubanischer Autor war, bis er eines Tages den stalinistischen Zensoren zum Opfer fiel, die eine seiner Geschichten für konterrevolutionär erklärten. Seine Karriere wird von einer Schicht aus Bürokraten, Karrieristen und Opportunisten versperrt und er muss sich als Redakteur einer Veterinärzeitschrift mehr recht als schlecht durchschlagen. Zu Beginn des Romans treffen wir ihn auf der Beerdigung seiner Frau als desillusionierten und gebrochenen Mann, der in einer baufälligen Hütte lebt und dessen einziger Trost sein Hund ist.
Während er über den Tod seiner Frau nachdenkt, beginnt er auf sein vergangenes Leben zurückzuschauen und erinnert sich an eine außergewöhnlich zufällige Begebenheit. Als er 1977 am Strand entlang läuft, trifft er einen mysteriösen Fremden, der seine beiden Barsois, russische Windhunde, eine Rasse die auf Kuba praktisch nicht vorkommt, ausführt. Das gemeinsame Interesse an Hunden führt zum Beginn eines Gespräches, in dem der Mann, der Hunde liebte, sich als Jaime López vorstellt, ein älterer Spanier, der in Havanna lebt.
Es stellt sich schließlich heraus, dass es sich bei ihm um Ramón Mercader handelt, dem katalonischen Stalinisten und GPU-Agenten, der im Auftrag Stalins Leo Trotzki, der zusammen mit Lenin die Bolschewistische Revolution in Russland anführte, ermordete. Nachdem er zwanzig Jahre in einem mexikanischen Gefängnis eingesessen hatte, wurde Mercader 1960 schließlich entlassen und reiste das erste Mal nach Havanna. Ein Jahr später zog er nach Moskau, wo die Kremlführer ihn den Orden "Held der Sowjetunion" verliehen.
Mercader durfte allerdings die Früchte seines Verbrechens nicht genießen. Sogar die Ordensverleihung musste geheim ablaufen, da Chruschtschow Stalin einige Jahre zuvor als Kriminellen und Massenmörder gebrandmarkt hatte. Mercader war zum Schweigen verurteilt und musste in Moskau ein Schattendasein fristen. Er wurde vom KGB beschattet und durfte das Land nicht verlassen, bis er schließlich die Genehmigung erhielt als schwer krebskranker Mann nach Havanna zu emigrieren, wo er 1978 völlig in Vergessenheit starb.
Das sind die bekannten Fakten. Aber um diese Fakten herum spinnt Padura ein komplexes, aber überzeugendes Netz, welches Fakten mit Fiktion vermischt und nahtlos vom Ersten zum Letzten übergeht, so dass der Leser/die Leserin schnell vergisst, dass er seine Vorstellungskraft benutzt, um die fehlenden Lücken zu füllen. Zuerst behauptet der Besitzer der Barsois, er sein ein Freund des Mörders von Leo Trotzki gewesen. Könnte es sich bei ihm um den berüchtigten Mercader handeln? Genau wie bei Iván bleiben auch beim Leser/bei der Leserin Zweifel.
Zu keinem Zeitpunkt gibt der mysteriöse Jaime López wirklich zu, dass er und Ramón Mercader ein und dieselbe Person sind, aber im Prozess der schrittweisen Enthüllung entwickelt sich eine außergewöhnliche Geschichte. Die Zweifel werden schließlich beseitigt, als Iván nach dem Tod des Mannes, der sich Jaime López nannte, ein Paket erhält, in welchem Mercaders Lebensgeschichte enthalten ist. Von einem inneren Zwang getrieben, sieht sich der Mörder gezwungen, aus dem Jenseits mit einem vollkommen Fremden, mit dem er nur die Liebe zu Hunden gemeinsam hat, über seine Vergangenheit zu sprechen.
Auf dem ersten Blick erscheint ein solches Szenario ziemlich unwahrscheinlich. Aber die Funktionsweise der menschlichen Psyche ist komplex und Padura gibt einen beachtlichen Einblick in diese Komplexität. Es ist bekannt, dass ein schlechtes Gewissen einen Kriminellen dazu treiben kann, einem Polizeiermittler über seine Verbrechen zu berichten und dass diese Tatsache von einem erfahrenen Fragesteller genutzt werden kann, um ein gewünschtes Geständnis zu erhalten. Der Umstand, dass Mercader von seinem baldigen Tod wusste, verleiht dieser psychologischen Hypothese zusätzlich Gewicht.
Vielleicht halfen dem Schriftsteller seine Erfahrung als Krimiautor diese psychologischen Einblicke zu gewinnen. Der große russische Schriftsteller Dostojewski zeigte die gleichen Einblicke als er sich mit der Psyche des Mörders Raskolnikow in seinem berühmten Roman Schuld und Sühne beschäftigte. Es gibt tatsächlich einige Parallelen zwischen diesen beiden Werken. In den Standardwerken der Kriminalliteratur wird die Identität erst am Ende enthüllt. Das Interesse liegt genau in der allmählichen Feststellung der Identität des Mörders. Aber in Dostojewskis Roman ist die Identität des Mörders von Anfang an bekannt. Das Interesse liegt hier auf einer anderen Ebene, es liegt an der allmählichen Enthüllung der Psychologie von Schuld und Sühne.
Vor langer Zeit sprach der bekannte englische Dichter Coleridge von dem "bereitwilligen Aussetzen des Zweifels" als Vorbedingung für den Genuss der Poesie und Padura stellt dies genau sicher. Es war zweifelsohne die Notwendigkeit für seine Schuld zu büßen, die Mercader zwingt, einem vollkommen unbekannten Fremden sein niederträchtiges Verbrechen zu beschreiben. Er überzeugt den Leser/dieLeserin , dass diese kaum vorstellbaren Treffen tatsächlich stattgefunden haben, dass der Schriftsteller Iván tatsächlich existiert und die außergewöhnlichen Ereignisse in dem Roman Tatsachen und keine Erfindung sind.
Ein vielschichtiges Werk
Aus der Perspektive der literarischen Technik zeigt Padura außergewöhnliche Fähigkeiten beim Zusammenführen der Ereignisse in Iváns Leben auf Kuba, die frühen Jahre Mercaders in Spanien und Frankreich und Trotzkis Exil. Padura verfolgt die Spuren Trotzkis von der Oktoberrevolution über den Bürgerkrieg, als er die Rote Armee zum Sieg über 21 ausländische Interventionsarmeen führte, den Kampf der Linken Opposition gegen die stalinistische Bürokratie, bis zu den langen Jahren des Exils in der Türkei, in Frankreich, Norwegen und schließlich Mexiko. Trotzkis Leben wird gut dokumentiert und Paduras Version kommt den Tatsachen sehr nahe.
Er erzählt die ganze Geschichte von Trotzkis Kampf mit Stalin und dem Stalinismus, sein Exil außerhalb der Sowjetunion und schließlich seine Ermordung. Aber es ist ein sehr vielschichtiges Werk, dass viele miteinander verwobene aber auch getrennte Stränge miteinander verknüpft. Da ist zuerst die Geschichte von Iván Cárdenas Maturell, dann Trotzkis Leben und das von Mercader, dem Spanischen Bürgerkrieg, das unheilvolle Wirken von Stalin Geheimpolizei GPU und zu guter Letzt das Problem der Bürokratie und die Reflexionen über den Stalinismus auf Kuba selbst.
Es ist nicht schwer zu verstehen, dass sich in der erfundenen Figur Iván die wahren erlebten oder beobachteten Erfahrungen Paduras widerspiegeln. Er ist wirklich die Personifizierung einer ganzen Generation junger kubanischer Intellektueller, die sich aus vollem Herzen der Revolution gewidmet haben, die gekämpft, gearbeitet, Opfer gebracht haben um ihren Erfolg zu sichern und durch den Stalinismus, der die Ideale der Revolution in eine bürokratische Karikatur verwandelte, enttäuscht und angewidert wurden.
Hier, wie in allen großen Werken der Literatur, wird das Einzelne eng mit dem Allgemeinen verknüpft: Das Leben der Individuen wird mit dem Schicksal der Revolution und der Konterrevolution verbunden. Es sind keine Pappfiguren, wie man sie oft in der Trivialliteratur findet, sondern lebende und atmende Männer und Frauen. Ihr individuelles Schicksal ist jedoch untrennbar mit den allgemeinen historischen Prozessen verknüpft und kann nicht unabhängig von diesen verstanden werden.
Das Problem mit Mercader
In der besten Tradition von Kriminalromanen gelingt es Iván Schritt für Schritt die vollständige Geschichte der Ermordung Leo Trotzkis zu rekonstruieren, eine Rekonstruktion die auf einer Unmenge sorgfältiger historischer Recherche basiert und den historischen Fakten sehr nahekommt. Der "Mann, der Hunde liebte", zögert anfangs etwas über seine Vergangenheit preiszugeben, aber allmählich fügt sich das Puzzle Stück für Stück zusammen. Die kunstvolle Weise, auf die Padura schrittweise ein Bild von Mercader aufbaut, gehört zu den eindrucksvollsten Elementen des Romans.
Mit Hilfe der Persönlichkeiten von Trotzki und seinem Mörder Ramón Mercader verfolgt Padura die Geschichte einiger der wichtigsten Ereignisse des 20. Jahrhunderts. Wir müssen uns vor Augen halten, dass wir es hier nicht mit einem historischen Werk, sondern mit einem Roman zu tun haben. Wie wir gesehen haben, ist es ein Roman mit verschiedenen Strängen und Ebenen. Padura bemüht sich das Leben von Ramón Mercader zu rekonstruieren. Aber hier ist das Problem.
In einem Interview mit der argentinischen Zeitung Clarin (07.05.2013) sagte Padura: "Ich habe fünf Jahre gebraucht den Roman zu schreiben, mit einer intensiven und extensiven Quellenrecherche. Über Trotzki gab es unzählige Informationen, über Mercader fast nichts." Trotzdem gelingt es Padura brillant durch die Kombination der bekannten Fakten und seinen detektivischen Fähigkeiten und seiner Fantasie ein sehr überzeugendes Porträt des Mannes, der Trotzki ermordete, zusammenzusetzen.
Es ist allgemein bekannt, dass ein Autor unvermeidlich ein gewisses Mitgefühl für die von ihm beschriebene Person entwickelt. Der Grund für eine derartige Empathie ist nicht schwer zu verstehen. Um Männer und Frauen als wirkliche Menschen und nicht nur leere Abstraktionen zu porträtieren, ist es nötig, einen tiefen Einblick in ihre Herzen und Köpfe zu gewinnen, um ihre Motivationen, Leidenschaft, ihre Überzeugungen zu verstehen und die Antriebsfeder für ihr Handeln sichtbar zu machen.
Trotzki zitierte oft den folgenden Ausspruch des Philosophen Spinoza: "Weine nicht; sei nicht unwillig. Verstehe." Wenn man das Handeln eines Menschen versteht, bedeutet das nicht notwendigerweise, dass man dieses duldet. Wenn man sich aber dem Handeln von Männern und Frauen wissenschaftlich nähert, mit der gleichen Objektivität, mit der ein Histologe die verschiedenen Gewebe eines Organismuses bloßlegt, ist es zumindest möglich zu überschnellen Schlüssen zu gelangen, die auf bloßer Boshaftigkeit, Hass oder Häme beruhen.
Mit einer sachlichen Distanziertheit rekonstruiert Padura Mercaders Leben seit seiner unruhigen Kindheit in einer großbürgerlichen Familie in Katalonien. Er beschreibt den Einfluss seiner labilen Mutter Caridad, einer Anarchistin, die zur Stalinistin und fanatischen Parteigängerin wird. Ramon schließt sich der KP an und kämpft im Spanischen Bürgerkrieg, als er von seiner Mutter ermutigt wird, sich von Stalins Geheimpolizei und Mordmaschine, der GPU, anwerben zu lassen.
An einer Stelle weist Caridad mit Nachdruck darauf hin, dass der bekannte anarchistische Revolutionär Durruti von den Stalinisten ermordet wurde, eine Tat die sie vollkommen rechtfertigt:
"'Hast du an das Märchen geglaubt, dass Buenaventura Durruti von einer verirrten Kugel getötet wurde?' Ramón sah seine Mutter an und brachte kein Wort hervor. 'Meinst du wir können den Krieg mit einem anarchistischen Kommandanten gewinnen, der mehr Ansehen hat als sämtliche kommunistischen Führer zusammen?' 'Durruti hat für die Republik gekämpft', versuchte Ramón zu argumentieren. 'Durruti war ein Anarchist, ist es sein ganzes Leben lang gewesen …'"
Im Inneren der Mordmaschinerie
Später wird Ramón Zeuge der Verbrechen der GPU in Spanien, er erlebt die Verfolgung von Anarchisten und Anhänger der POUM, die Entführung, Folterung und Ermordung des POUM-Führers Andres Nin. Schließlich wird er nach Moskau geschickt, um zum GPU-Attentäter ausgebildet zu werden. Die fürchterlichen Methoden der GPU werden bis ins grausamste Detail beschrieben. Padura zeigt am Beispiel Mercaders auf, wie Menschen systematisch brutalisiert und zu gefügigen Maschinen, die bereit sind die schlimmsten Verbrechen zu begehen, umfunktioniert werden.
In Moskau wird er eingeladen an einer Verhandlung während der berüchtigten Säuberungsprozesse teilzunehmen, die absurdeste juristische Farce des 20. Jahrhunderts, bei denen Stalin alle Führer der Partei Lenins ermorden ließ, nachdem diese gezwungen worden waren, die groteskesten Verbrechen gegen die Revolution zu gestehen. Er sah auch mit an, wie Stalin ausländische Kommunisten liquidierte:
"Zum Beispiel hatte Stalin im Februar 1937 seinem Handlanger Georgij Dimitrow, dem Generalsekretär der Komintern gegenüber geäußert, dass die ausländischen Kommunisten in Moskau 'das Spiel des Feindes spielten'. Sogleich wurde Jeschow damit beauftragt, das Problem aus der Welt zu schaffen. Nach einem Jahr waren von den dreihundertvierundneunzig Mitgliedern des Exekutivausschusses der Internationale, die sich in der UdSSR aufhielten, nur noch hundertsiebzig am Leben. Die anderen waren erschossen oder in die Todeslager geschickt worden, unter ihnen Deutsche, Österreicher, Jugoslawen, Italiener, Bulgaren, Finnen, Balten, Engländer, Franzosen und Polen, wobei der Prozentsatz an Juden bemerkenswert hoch war. Bei dieser Gelegenheit hatte Stalin mehr Führer der Kommunistischen Partei Deutschlands liquidiert als Hitler."
Trotz alledem bleibt Ramón Stalin und seinem Regime blind ergeben, was er mit der Notwendigkeit zur Verteidigung der Sowjetunion identifiziert. Wie viele andere schloss er die Augen vor den Verbrechen und Grausamkeiten und fand tausende Gründe, Ausreden und Erklärungen. Er besiegt seine menschlichen Instinkte, wird zum gekauften Mörder und akzeptiert ohne zu fragen den Auftrag, mit dem ihn die Herren des Kreml betraut haben: Die Liquidation des "Konterrevolutionärs" Trotzki.
Das Attentat
Im Mittelpunkt des Romans steht die wahrheitsgemäße historische Beschreibung der Ermordung Leo Trotzkis. 1937 beschloss Stalin, seinen Hauptwidersacher liquidieren zu lassen. Die Moskauer Prozesse dienten dazu, eine politische und juristische Grundlage für dieses Verbrechen zu schaffen. Das Haus in Coyoacan war von mehr als sechs Meter hohen Gartenmauern und Wachtürmen mit Schlitzen für Maschinengewehre umgeben. Aber das alles reichte nicht aus, um sich gegen Stalins Mordmaschinerie zu verteidigen.
Leo Trotzkis Enkel Esteban Wolkow lebt immer noch in Coyoacan. Ich traf ihn vor kurzem in dem Haus in Mexico-City, in dem sein Großvater ermordet wurde und fragte ihn, was er von Paduras Roman halte. "Die im Roman beschriebenen Ereignisse sind mir natürlich sehr gut bekannt," antwortete er, "ich habe das Buch sehr schnell durchgelesen und mein Eindruck war absolut positiv. Aber ich muss es noch einmal gründlicher lesen."
Der erste Anschlag geschah am 24. Mai 1940, als eine Gruppe von 20 bewaffneten Stalinisten, die vom Künstler David Siqueiros angeführt wurden, das Haus bei Nacht stürmten, nachdem der junge Amerikaner Bob Sheldon, ein Agent, der in die Wachmannschaften eingeschleust worden war, die Tür offen gelassen hatte. Sie warfen Granaten und schossen Maschinengewehrsalven durch die Schlafzimmer. Wie durch ein Wunder überlebten Trotzki und seine Frau Natalia, die sich unter ihr Bett verkrochen. Der 14jährige Enkel Esteban wurde durch ein verirrtes Geschoss leicht am Fuß verletzt.
Das einzige Opfer bei diesem Attentat war Bob Sheldon, der zusammen mit den Angreifern verschwand. Seine Leiche wurde später gefunden. Trotzki glaubte, er sei entführt worden, aber er war Teil des Planes und wurde wahrscheinlich als Sündenbock für das Scheitern getötet. Nach dem Anschlag begannen die Wachen mit der Verstärkung der Mauer. Aber Trotzki war skeptisch. "Beim nächsten Mal werden sie anders vorgehen," sagte er voraus. Bald stellte sich heraus, dass er recht behalten sollte.
Im Auftrag der GPU arbeitete eine weitere Gruppe in Mexiko, unabhängig von der, die im Mai den fehlgeschlagenen Angriff verübt hatte. Genau wie Trotzki gewarnt hatte, arbeitete sie mit ganz anderen Mitteln. Ihre zentrale Figur war Ramón Mercader, der sich sehr geschickt in Trotzkis Kreis in Mexiko einschlich und sich als unpolitischer Geschäftsmann namens Jacson ausgab.
Jacson-Mercader arbeitete geduldig daran, freundliche Beziehungen zu den Leibwächtern und Trotzkis engsten Freunden zu knüpfen. Esteban erinnert sich daran, dass er ihnen immer kleine Gefallen tat und die Leute in seinem schrillen Auto mitfahren ließ. Auf diese Weise verschaffte er sich allmählich das Vertrauen der Menschen im Umkreis von Trotzki, vermied es aber sich seinem späteren Opfer persönlich zu nähern.
Das Buch präsentiert uns eine sehr überzeugende Rekonstruktion der Beziehung Mercaders zu Sylvia Agelof, die Frau die er verführte und die ihn in Trotzkis Hausgemeinschaft einführte. Padura scheint in den Kopf des Attentäters einzudringen und seine psychische Verfassung seine starke innere Anspannung und seine heftigen Stimmungsumschwünge in den Tagen und Wochen vor dem Mord bloßzulegen. Aber allmählich, nicht wahrnehmbar wie ein Tiger, der geräuschlos seine Beute verfolgt, nähert er sich seinem Zielobjekt.
Er gibt vor ein Interesse an Trotzkis Anschauungen zu entwickeln und fertigt einen Artikel über den Krieg an, den er Trotzki vorlegt und ihn bittet diesen zu lesen und zu korrigieren. Bereits zu diesem Zeitpunkt hat Trotzki einen Verdacht. Denjenigen, die ihn verteidigen sollten, fehlt allerdings ein vollständiger Mangel an Bewusstsein. Sie nahmen ihre Pflichten so nachlässig wahr, dass sie Jacson nicht einmal abtasteten, als er an einem heißen mexikanischen Sommertag einen Regenmantel trug. Wenn sie diese elementare Vorsichtsmaßnahme durchgeführt hätten, hätten sie ein Messer, eine Pistole und einen Eispickel entdeckt und der Plan wäre vereitelt worden.
So gelang es Stalins Agenten am 20. August allein auf sein Opfer zu treffen. Er stellte sich vorsichtig hinter Trotzki als dieser sich über den Text des Artikels beugte und schlug mit voller Kraft auf den Kopf des Revolutionärs. Der Schlag hätte eigentlich zum sofortigen Tod führen sollen, aber Trotzki stieß einen Schrei aus, mit dem er Alarm schlug und er kämpfte mit letzter Kraft, um seinen Angreifer abzuwehren, bevor er das Bewusstsein verlor.
Seine Bodyguards kamen zu spät. Der Führer der Oktoberrevolution und Gründer der Roten Armee lag schwer verletzt auf dem Boden, Blut floss aus seinem Kopf. Die Leibwächter bemerkten ihren Fehler und ihre unglaubliche Nachlässigkeit zu spät. Sie wollten ihren Fehler wettmachen und schlugen auf den Attentäter ein. Sogar zu diesem Zeitpunkt zeigte der Alte Mann bemerkenswerte Geistesgegenwart und befahl den Wächtern: "Tötet ihn nicht, er muss reden!"
Als Esteban an diesem Nachmittag aus der Schule kam, wurde er Zeuge der schockierenden Szene. "Ich sah einen Mann, dessen Gesicht voller Blut war, der wie ein Baby schrie, er war verrückt vor Schmerz und nicht mehr er selbst. Ich erkannte Jacson zuerst nicht. Er war mehr Tier als Mensch," erzählte er mir. Als der Alte Mann seinen Enkel entdeckte, befahl er den Wächtern ihn aus dem Zimmer zu führen. "Er muss das nicht mitansehen," sagte er. Trotzki wurde ins Krankenhaus gebracht, wo die Ärzte um sein Leben kämpften. Er starb einen Tag später.
Die Rache der Geschichte
Über zwanzig Jahre später trifft Mercader Leonid Eitington, einen GPU-Agenten, der unter dem Pseudonym Kotow sein unmittelbarer Vorgesetzter bei der Planung des Anschlags auf Trotzki war. Aber das Rad der Geschichte hat sich zwischenzeitlich gedreht. Die Kreml-Clique hat sich zwecks Selbsterhaltung genötigt gesehen, Stalin abzuservieren und sich von seinen Verbrechen zu lösen.
Die Männer, welche die schmutzigen Geschäft für Stalin erledigten, finden sich als verachtete Ausgestoßene wieder. Der Chefarchitekt des Mordes an Trotzki; Pavel Sudoplatow, verbringt fünfzehn Jahre im Arbeitslager (aber nicht für die Ermordung Trotzkis). Eitington wurde ebenfalls in ein Lager geschickt. Alt und verbittert tröstet er sich mit Wodka als er Mercader in einer Bar in Moskau trifft.
Das war 1968, das Jahr in dem Breschnew seine russischen Panzer nach Prag schickte, um die regimekritische tschechische Partei unter Dubcek zu zermalmen. Paduras anschauliche Beschreibung Moskaus Ende der 60er Jahre korrespondiert sehr nah mit meinen Erinnerungen. Nachdem sie ihr Leben einem Regime gewidmet haben, dass jedes sozialistische Prinzip verraten hat – ein Verrat, der schlimmer und schädlicher war als der der sozialdemokratischen Führer im Sommer 1914 – haben sie jetzt nur noch bittere Erinnerungen.
Eitington informiert Mercader, dass sie nie erwartet hätten, dass er den Mord an Trotzki überlebe:
"Glaub mir, wir waren zynischer, als du dir vorstellen kannst. Du wärst nicht der Einzige gewesen, der für ein Ideal sterben sollte, das nicht existierte. Stalin hat alles pervertiert und die Leute gezwungen, für ihn zu sterben, für seine Zwecke, seinen Hass, seinen Größenwahn. Vergiss, dass wir für den Sozialismus gekämpft haben! Sozialismus? Gleichheit? Ich habe gehört, dass Breschnew eine Sammlung von Oldtimern besitzt …"
Diese Zeilen lassen vermuten, dass die Degeneration der Russischen Revolution nur das Werk eines bösen Mannes gewesen ist. Eine solche Erklärung erklärt natürlich nichts. Padura hat Trotzkis Die verratene Revolution gelesen und ist sich sehr wohl bewusst, dass Stalin nur ein Repräsentant einer privilegierten Kaste von Funktionären, der Bürokratie, gewesen ist, die an die Macht kamen als Resultat der Isolation der Revolution unter den extrem rückständigen Bedingungen.
Der Tod Stalins bedeutete nicht das Ende der Herrschaft der Bürokratie, nur eine Verlagerung von einer Bürokratenschicht auf eine andere. Eitington (oder vielmehr Padura) zieht seine Schlüsse: "Ich war fest überzeugt, dass die Partei ohne Stalin und seinen Hass Gerechtigkeit üben und der Kampf wieder einen Sinn bekommen würde … Na ja, ich hatte mich wieder einmal geirrt. Im Innern war bereits alles morsch." Und Mercader fragt ihn. "Was macht ein Mann wie du, wenn er nicht länger an irgendetwas glaubt?"
Diese Frage geht an den Kern der Sache und hat einen direkten Bezug auf den zweifellos schwächsten Teil des Romans. Auf den letzten Seiten, Requiem genannt, grübelt der Autor darüber nach, welche Lehren aus all dem gezogen werden können. Da es sich um einen Roman handelt und nicht um eine wissenschaftliche politische Analyse, wäre es zu viel verlangt, eine marxistische Perspektive zu erwarten. Außerdem ist nicht klar, wer hier spricht, Padura oder eine seiner Romanfiguren.
Am Ende jedoch ist die Konsequenz, dass alles Utopie war, ein unmöglicher Traum, den Trotzki mit seinem "eigensinnigen Fanatismus" bis zu seinem Ende verfolgt. Solch eine mehrdeutige, man könnte fast sagen, feige Schlussfolgerung ist einem solch großartigen Buch unwürdig. Wenn der der Sozialismus eine Utopie ist, wären die Aussichten für die Menschheit tatsächlich düster! Man kann nur mit derselben Frage zurückfragen: "Was macht ein Mensch, wenn er nicht länger an irgendetwas glaubt?"
Die Russische Revolution von 1917 war keine Utopie, sondern das größte Einzelereignis in der Geschichte der Menschheit und zusammen mit Lenin war Trotzki der wichtigste Führer der Oktoberrevolution. Er allein hielt das makellose Banner der proletarischen Demokratie und des sozialistischen Internationalismus nach dem Tod Lenins aufrecht. Aus dem fernen Exil in Mexiko führte er einen unnachgiebigen Kampf gegen das bürokratische und totalitäre stalinistische Regime. Am Ende wurde er unweigerlich das Opfer eines von Stalin gedungenen Mörders.
Am 20. August 1940 glaubte Stalin, er habe Trotzkis Stimme für immer zum Schweigen gebracht. Es ist einfach einen Mann oder eine Frau zu zerstören. Wir sind zerbrechliche Figuren und unser Leben kann mit einer Kugel, einem Messer, einem Eispickel so schnell ausgelöscht werden wie eine Kerze. Aber man keine Idee, deren Zeit gekommen ist, auslöschen. Heute, 74 Jahre nach dem schicksalhaften Tag, sind die Ideen des Marxismus so relevant wie je und die Stimme Leo Trotzkis erschallt in der ganzen Welt, während die Erinnerung an Stalin und seinen Henkern mit Blut und Schande besudelt ist.
Die verratene Revolution
Langsam nimmt eine neue Generation Gestalt an, die dafür kämpft die Wahrheit herauszufinden. Nirgendwo trifft das besser zu als auf Kuba, wo viele große Opfer im Namen der sozialistischen Revolution gebracht wurden und wo so viel Schaden durch den Einfluss des Stalinismus verursacht wurde. Paduras Roman wird zweifelsohne vielen Menschen helfen die Vergangenheit zu verstehen und sie darauf vorbereiten für die Zukunft gerüstet zu sein. Das Buch ist wie eine Entdeckungsreise, bei der ein mutiger Intellektuelle es geschafft hat, den dicken Schleier, der die Ansichten der Menschen so lange vernebelt hat, zu lüften und begonnen hat die Wahrheit zu verstehen.
In dem Interview mit Clarin wurde Padura gefragt, warum er sich die Erzählung dieser Geschichte ausgesucht hat. Er antwortete, es könnte auch ein nostalgisches Element sein, aber er wolle die wahren Ursachen für die Degeneration der Russischen Revolution entdecken. Bei der Untersuchung des Attentats auf Trotzki habe er angefangen, das Wesen des Stalinismus und dessen konterrevolutionäre Rolle zu verstehen. "Plötzlich fing ich an zu verstehen, warum sie die Utopie verdrehten. Die Rolle des Stalinismus, das Erbe seiner Person war eine schreckliche Sache," sagte er.
Der Roman handelt in groben Zügen von dem Kampf der mit dem Machtaufstieg Stalins endete. Aber mehr noch benutzt der Autor diese Ereignisse als Mittel, um das Verhältnis zwischen Kuba und dem Stalinismus zu analysieren. Er kommt zu der Schlussfolgerung, dass es auf Kuba viele kleine Stalins gab: Opportunistische Bürokraten, eitle Karrieristen und korrupte Funktionäre. Durch die detaillierte Analyse der persönlichen Erfahrungen einiger Romanfiguren, breitet Padura schrittweise eine Kette epochaler Ereignisse vor dem Leser/der Leserin aus: Die Russische Revolution und den Bürgerkrieg, in dem Trotzki an der Spitze der von ihm geschaffenen Roten Armee stand; der Spanische Bürgerkrieg und schließlich das Schicksal der Kubanischen Revolution.
In den 1970ern, in der schwarzen Periode, regierte der Stalinismus und die revolutionären Überzeugungen einer Generation junger KubanerInnen wurde durch die stalinistische Bürokratie für ihre eigenen Zwecke manipuliert. Dies wird im Roman am Schicksal der Hauptfigur anschaulich zum Ausdruck gebracht. Der Zusammenbruch der Sowjetunion stürzte Kuba in eine tiefe Krise, nicht nur auf dem Gebiet der Ökonomie sondern auch im politischen und psychologischen Sinne.
Während der harten Jahre, in denen viele Menschen hungerten und die von den KubanerInnen "Sonderperiode" genannt wird, die Jahre in denen es zu zahllosen Stromausfällen kam und das Frühstück oft nur aus Orangenblättertee bestand, fingen viele Menschen an, das Leben auf der Insel kritischer zu betrachten. Das trifft auch auf Leonardo Padura zu. Obwohl Iván eine erfundene Figur ist, drückt Padura über ihn seine persönlichen Erfahrungen und die vieler KubanerInnen aus. Das wird im Roman deutlich:
"Schon bald wurde uns klar, dass wir uns am Ende der sozialen Leiter befanden, wo Intelligenz, Anstand, Wissen und Kompetenz in der Arbeit nichts mehr zählten und der Cleverness Platz machten, der Nähe zum Dollar, der politischen Verbindungen (Sohn, Neffe oder Cousin von 'jemanden' zu sein und der Kunst zu 'besorgen', zu improvisieren, sozial voranzukommen, durchzuschlüpfen, zu heucheln und zu klauen, was man kriegen konnte. Und den Zynismus, dem verdammten Zynismus."
Nachdem Iván von den stalinistischen Zensoren gezwungen wird seine Karriere als vielversprechender Autor aufzugeben, muss er seinen Lebensunterhalt als Redakteur einer Veterinärzeitschrift verdienen. Er ist somit Opfer eines bürokratischen und totalitären Systems, das Kunst und Literatur negiert. Am Ende begeht Iván Selbstmord, kurz nachdem er seinen Roman Der Mann, der Hunde liebte fertiggestellt hat.
In einem Interview, dass Padura unseren dänischen GenossInnen gab, sagte er: "Iván ist kein Mann, er ist die Synthese einer Generation, in die ich viele der Illusionen, Enttäuschungen, Niederlagen und Ängste meiner Generation gesteckt habe. Er ist ein Mann, der alle die Probleme verkörpert, die wir in meiner Generation auf Kuba erlebt haben, die Generation, die während der Revolution aufwuchs, während der Revolution studierte, während der Revolution in den Krieg zog und die in den 1990ern herausfand, dass sie mit leeren Händen da stand."
Die Tatsache, dass Iván am Ende des Romans Selbstmord begeht, scheint zu bedeuten, dass eine ganze Generation sämtliche Hoffnungen verloren hat. Diese pessimistische Schlussfolgerung widerspricht jedoch dem gesamten Inhalt des Romans und auch dem , was Padura im o. g. Interview sagte: "Ich glaube, dass eine neue Utopie die Grundlagen des Systems mit den wirklichen Bestandteilen, die diese Art Gesellschaft benötigt, neu entdecken muss: eine wirkliche Demokratie, eine wirkliche Macht der arbeitenden Menschen und keine Bürokratie, wie es in der Sowjetunion und vielen sozialistischen Staaten der Fall war. Aus diesem Grund, glaube ich, ist das Buch wirklich für unser gegenwärtiges Leben relevant."
Obwohl die schlimmsten Merkmale der stalinistischen Repression, die in den 1970ern existierten, ausgemerzt sind und Kuba nicht länger durch die Herrschaft der Zensur erstickt wird, gibt es einige Menschen auf Kuba, die sich nach der Wiederkehr der Vergangenheit sehnen, nach einer Zeit, in der Bürokraten den Schriftstellern ins Gewissen reden konnten und ihnen befahlen, was sie zu denken, sagen und schreiben hatten. Der Mann, der Hunde liebte musste zuerst in Mexiko und Spanien veröffentlicht werden und wurde schließlich in einer kleinen Auflage von einigen tausend Exemplaren auf Kuba veröffentlicht, weil diejenigen, welche die Zeit zurückdrehen wollen, es so wollten.
In dem dänischen Interview erklärt Padura, wie der Roman einen Preis gewann, obwohl er totgeschwiegen wurde:
"Seltsamerweise erschien am Tag der Eröffnung der Buchmesse nichts über die Präsentation in den Medien. Auch später verschwiegen die Zeitungen es, obwohl die Präsentation des Romans die spannendste Veranstaltung auf der Buchmesse war, der Raum war total überfüllt und draußen waren noch viele, die herein wollten. Vor einer Woche gewann das Buch den nationalen Kritikerpreis auf Kuba, das betont die kubanischen Widersprüche. Vor zwanzig Jahren hätte ich nicht einmal daran denken können, den Roman zu schreiben, vor zehn Jahren hätte ich ihn schreiben können, aber er wäre nicht auf Kuba veröffentlicht worden und jetzt kann er veröffentlicht werden und obwohl er in der Presse verschwiegen wurde, kann er einen Preis gewinnen."
Die Veröffentlichung von Paduras Roman ist ein Schlag gegen den Stalinismus. Dies ist nicht nur ein Sieg für die künstlerische Freiheit, sondern auch einer für die Rechte der Arbeiterinnen und KünstlerInnen sich frei zu äußern, welches die Grundbedingung für einen echten Sozialismus ist. Heute steht Kuba jedoch ein noch gefährlicherer Feind als der Stalinismus gegenüber. Die Existenz der Revolution selbst wird durch diejenigen bedroht, die Kuba auf den gleichen kapitalistischen Weg führen wollen, den Russland und China schon gehen. Der Druck auf die Insel ist schmerzhaft und wächst ständig.
Es gibt aber auch interne Gefahren, die noch größer sind als die externen. Die Probleme, die durch Bürokratismus, Ungleichheit und Korruption verursacht wurden, können die Idee des Sozialismus in den Köpfen der Jugend untergraben und zu einer skeptischen und zynischen Haltung führen. Um die Revolution zu erneuern und den Glauben der Menschen an den Sozialismus wiederzubeleben, ist es zuerst einmal notwendig, die Vergangenheit neu zu prüfen, um die echten Ideen und Programme Lenins und der Oktoberrevolution wiederzuentdecken. Das kann nicht geschehen, solange Trotzkis Rolle und seine Ideen ignoriert werden.
In seinem Roman lässt Padura Mercader Trotzkis Die verratene Revolution im Gefängnis lesen. Das ist zweifelsfrei ein weiteres Beispiel für die kreative Fantasie des Autors. Es kann aber kein Zweifel darin bestehen, dass er selbst Trotzkis Werke gelesen hat und er die KubanerInnen ermuntert, das Gleiche zu tun. Der Mann, der Hunde liebte hat auf Kuba eine große Rolle dabei gespielt, den Menschen Trotzkis Ideen nahezubringen. Meine Erfahrungen aus den letzten Jahren haben unter Beweis gestellt, dass es auf der Insel dafür ein wachsendes Interesse gibt. Das zeigte sich auch, als wir die spanische Ausgabe von Die verratene Revolution auf der Buchmesse in Havanna herausbrachten.
Die Veröffentlichung des Romans hat das Profil und das Prestige von Padura als großartigen Schriftsteller nicht nur auf Kuba, sondern auch international, gesteigert. Das hat er sich verdient. Das Werk ist sowohl ein brillant ausgeführter Roman als auch ein beeindruckendes Beispiel für historische Recherche. Jeder, der sich für den Sozialismus und die historische Wahrheit interessiert, sollte das Buch lesen.
London 15. Januar 2014