Das wirkliche Wachstum der Zivilisation tritt in Ägypten, Mesopotamien, dem Indus-Tal, China und Persien auf. Anders ausgedrückt: Die Entwicklung der Klassengesellschaft fällt zusammen mit dem ungeheuren Aufschwung der Produktivkräfte und mit einer menschlichen Kultur, die unvorhergesehene Höhen erreichte
Die asiatische Produktionsweise
Man geht heute davon aus, dass die Entstehung der Städte als auch die der Landwirtschaft, die davor geschah, schätzungsweise gleichzeitig an verschiedenen Orten – Mesopotamien, dem Indus-Tal, dem Huang-Ho-Tal und auch Ägypten – auftrat. Das passierte im vierten Jahrtausend v.u.Z. In Süd-Mesopotamien bauten die Sumerer Ur, Lagaš, Eridu und andere Stadtstaaten. Sie waren gebildete Menschen, die tausende Tontafeln hinterließen, die mit Keilschrift beschrieben wurden.
Die Hauptmerkmale der asiatischen Produktionsweise sind:
1) Eine städtische Gesellschaft auf landwirtschaftlicher Grundlage.
2) In erster Linie eine Agrarwirtschaft.
3) Öffentliche Arbeiten, die oft, aber nicht immer, mit der Notwendigkeit zur Bewässerung einhergehen sowie die Unterhaltung und der Ausbau eines umfangreichen Kanal- und Kanalisationssystems.
4) Ein despotisches Regierungssystem, oft mit einem König an der Spitze.
5) Eine riesige Bürokratie.
6) Ein Ausbeutungssystem, das auf Steuern basiert.
7) Gemeinsames (Staats-) Eigentum an Boden.
Obwohl die Sklaverei (Kriegsgefangene) existierte, handelte es sich nicht wirklich um Sklavenhaltergesellschaften. Arbeitsdienste waren nicht umsonst, die sie verrichteten waren aber keine Sklaven. Es gab ein Element des Zwangs, aber die Hauptsache waren Gewohnheit, Tradition und Religion. Die Gemeinschaft dient dem Gottkönig (der Gottkönigin). Sie dient dem Tempel (Israel). Dieser ist mit dem Staat verbunden und ist der Staat.
Die Ursprünge des Staates sind hier mit der Religion vermischt und diese religiöse Aura wird bis zum heutigen Tag aufrechterhalten. Die Leute werden dazu erzogen, zum Staat mit dem Gefühl von Ehrfurcht und Verehrung aufzublicken, als eine Macht, die über der Gesellschaft und den gewöhnlichen Männern und Frauen steht, die ihr blind zu dienen haben.
Die Dorfgemeinschaft, die kleinste Zelle dieser Gesellschaften, ist vollkommen autark. Die wenigen Luxusgüter, die einer bäuerlichen Bevölkerung, zur Verfügung stehen, werden auf dem Basar oder von reisenden Hausierern, die am Rande der Gesellschaft leben, erworben. Geld ist kaum bekannt. Steuern an den Staat werden in Naturalien bezahlt. Es gibt keine Verbindungen zwischen den einzelnen Dörfern und der interne Handel ist schwach entwickelt. Der wirkliche Zusammenhalt kommt vom Staat.
Es bestand beinahe ein vollkommener Mangel an Mobilität, der in einigen Fällen durch das Kastensystem verstärkt wurde. Der Schwerpunkt liegt auf der Gruppe, weniger auf dem Einzelnen. Endogame Ehen herrschen vor, d.h. die Menschen heiraten streng innerhalb der Klasse oder der Kaste. Wirtschaftlich neigen sie dazu, die Berufe der Eltern zu ergreifen. Im Kastensystem der Hindus ist dies eine absolute Notwendigkeit. Der Mangel an Mobilität und sozialer Unbeweglichkeit helfen die Menschen an das Land zu binden (Dorfgemeinschaft).
Beispiele für derartige Gesellschaften sind die Ägypter, Babylonier, die Assyrer, die Shang- oder Ying-Dynastie (von 1766 bis 1122 v.u.Z.), letztere war die erste überlieferte chinesische Dynastie und schließlich die Zivilisation im Indus-Tal (Harappa) in Indien, die von 2300 bis ca. 1700 v.u.Z. dauerte. Eine eigenständige Entwicklung nahmen die vorspanischen Zivilisationen in Mexiko und Peru, obwohl diese mit gewissen Unterschieden, erstaunlich ähnliche Merkmale aufweisen.
Das Steuersystem und die Ausbeutungsmethoden, wie der verpflichtende Arbeitsdienst für den Staat (Corvée), sind repressiv, werden aber als unvermeidlich und natürlich akzeptiert und von den Traditionen und der Religion geduldet. Corvée ist unfreie und oft unbezahlte Arbeit, die den Menschen von den aristokratischen Landbesitzern, wie im Feudalismus, oder aber wie in diesem Fall, vom Staat auferlegt wird. Während aber das Corvée-System ähnlich dem westlichen Feudalismus ist, hat das System des Landbesitzes nichts damit gemein. Tatsächlich hatten die britischen Herrscher in Indien die größten Schwierigkeiten, es zu verstehen.
Ortschaften und Städte entstehen gewöhnlich entlang der Handelsrouten, an Flussufern, an Oasen oder anderen wichtigen Wasserquellen. Die Städte sind Verwaltungs- und Handelszentren für die Dörfer. Hier sind Händler und Handwerker: Eisenformer, Zimmerleute, Weber, Färber, Schuhmacher, Steinmetze usw. Hier leben auch die lokalen Vertreter der Staatsmacht, mit denen die Masse der Bevölkerung vertraut ist: Niedrige Beamte, Schreiber und Polizisten oder Soldaten.
Es gibt auch Geldverleiher, die von den Bauern Wucherzinsen verlangen, aber selbst wiederum von den Steuereintreibern, den Kaufleuten und den Dorfwucherern geschröpft werden. Viele dieser uralten Elemente haben in einigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens und in Asien bis in die moderne Zeit überlebt. Aber das Aufkommen des Kolonialismus zerstörte die alte asiatische Produktionsweise ein für alle Mal. Sie hatte auf jeden Fall keine historische Zukunft, weil aus ihr heraus keine weitere Entwicklung möglich war.
In diesen Gesellschaften ist der geistige Horizont der Menschen extrem begrenzt. Die bestimmende Macht im Leben der Menschen ist die Familie oder die Sippe, welche sie alles über ihre Geschichte, Religion und Traditionen lehren. Sie wissen wenig bis gar nichts von der Politik und der Welt im Allgemeinen. Den einzigen Kontakt mit dem Staat haben sie über den Dorfvorsteher, der die Steuern einsammelt.
Erstaunlich für diese frühen Zivilisationen sind einerseits ihre Langlebigkeit, andererseits die extrem langsame Entwicklung ihrer Produktivkräfte und die extrem konservative Natur ihrer Ansichten. Es handelte sich um ein sehr statisches Gesellschaftsmodell. Die einzigen Veränderungen vollzogen sich als Ergebnis regelmäßiger Invasionen, z. B. durch nomadische Barbaren (den Mongolen) oder gelegentliche Bauernaufstände (China), die zum Wechsel der Dynastie führten.
Die Ersetzung einer Dynastie durch eine andere bedeutete jedoch keine wirkliche Veränderung. Die sozialen Beziehungen und der Staat blieben durch den Wechsel an der Spitze unberührt. Das Endergebnis war immer das Gleiche. Die Eindringlinge wurden integriert und das System lief ungestört weiter wie zuvor.
Imperien stiegen auf und fielen. Es gab einen ständigen Prozess von Zusammenschlüssen und Teilungen. Aber trotz all dieser politischen und militärischen Veränderungen veränderte sich für die Bauern am unteren Ende der Gesellschaft nichts. Das Leben schritt mit scheinbar ewiger (und Gott gegebener) Routine voran. Die asiatische Vorstellung von einem ewigen Kreislauf in der Religion ist eine Widerspiegelung dieser tatsächlichen Lage. Unten hatten wir die alte Dorfgemeinschaft auf Grundlage einer Subsistenzwirtschaft, die nahezu unverändert Jahrtausende überlebte. Da sie vorwiegend agrarisch war, wird der Lebensrhythmus der Menschen vom ewigen Kreislauf der Jahreszeiten, z. B den jährlichen Nilüberflutungen, bestimmt.
In den letzten Jahren gab es in gewissen intellektuellen und pseudomarxistischen Zirkeln viel Lärm um die asiatische Produktionsweise. Aber, obwohl Marx sie erwähnte, geschah das nicht sehr oft und dann nur als Randbemerkung. Er entwickelte sie nie weiter, was er mit Sicherheit getan hätte, wenn er sie für bedeutend gehalten hätte. Der Grund dafür war, dass er sie für eine historische Sackgasse hielt, vergleichbar mit den Neandertalern in der menschlichen Evolution. Es handelte sich um eine Gesellschaftsform, die trotz ihrer Errungenschaften, letztlich nicht den Samen zukünftiger Entwicklung in sich trug. Dieser wurden woanders gepflanzt, auf dem Boden von Griechenland und Rom.
Sklavenhaltergesellschaft
Die griechische Gesellschaft wurde unter anderen Bedingungen geschaffen als die früheren Zivilisationen. Den kleinen griechischen Stadtstaaten fehlten die großen Flächen für kultivierbares Land, die großen Nilebenen, das Indus-Tal oder Mesopotamien. Sie fühlten sich durch unfruchtbare Gebirgszüge eingeengt und waren mit dem Meer konfrontiert, das bestimmte den gesamten Kurs der Entwicklung. Da das Land für Landwirtschaft und Industrie ungeeignet war, wurden die GriechInnen Richtung Meer geschoben und Griechenland wurde eine Handelsnation und Zwischenhändler, wie die Phönizier vorher.
Das antike Griechenland hat eine andere sozioökonomische Struktur und somit einen anderen Geist und ein anderes Aussehen als die früheren Gesellschaften von Ägypten und Mesopotamien. Hegel sagt, dass im Osten die Freiheit des Einen (d. h. des Königs, Gottkönigs) der herrschende Geist war. Aber in Griechenland war es die Freiheit der Vielen, d. h. die Freiheit der Bürger Athens, die keine Sklaven waren. Aber die Sklaven, welche die meiste Arbeit verrichteten, hatten überhaupt keine Rechte. Auch die Frauen und Ausländer nicht.
Für die freien Bürger war Athen die am weitesten entwickelte Demokratie. Dieser neue Geist, durchdrungen von Menschlichkeit und Humanismus, wirkte sich auf die griechische Kunst, Religion und Philosophie aus, die sich qualitativ von denen in Ägypten und Mesopotamien unterschieden. Als Athen Herrscherin des ganzen Griechenlands war, hatte die Stadt weder ein Finanzministerium noch ein Steuersystem. Das war vollkommen anders als im asiatischen System von Persien und in anderen frühen Zivilisationen. Aber alles basierte letztendlich auf die Arbeit der Sklaven, die sich im Privatbesitz befanden.
Die Haupttrennlinie bestand zwischen freien Männern und Sklaven. Die freien Bürger zahlten normalerweise keine Steuern, was, genau wie die Handarbeit, als erniedrigend angesehen wurde. Trotzdem gab es in der griechischen Gesellschaft einen erbitterten Klassenkampf, der durch eine scharfe Trennung auf Grundlage des Eigentums zwischen den Klassen, gekennzeichnet war. Die Sklaven, die als bewegliches Gut ge- und verkauft werden konnten, waren Produktionsobjekte. Das römische Wort für Sklave war instrumentum vocale, ein Werkzeug mit einer Stimme. Das macht es sehr deutlich, und trotz aller Veränderungen der letzten 2000 Jahre, hat sich die tatsächliche Lage der modernen LohnsklavInnen seit damals nicht grundlegend geändert. Es könnte eingewendet werden, Griechenland und Rom waren auf der Sklaverei, einer abscheulichen und unmenschlichen Institution, aufgebaut. Aber MarxistInnen können nicht vom Gesichtspunkt der Moral auf die Geschichte schauen. Abgesehen von allem anderen, gibt es nicht so etwas wie eine überhistorische Moral. Jede Gesellschaft hat ihre eigene Moral, Religion, Kultur usw., welche einem bestimmten Entwicklungsniveau entsprechen und zumindest im Zeitalter, das wir Zivilisation nennen, auch den Interessen einer bestimmten Klasse.
Ob ein bestimmter Krieg, gut, schlecht oder gleichgültig war, kann nicht anhand der Opfer festgestellt werden und noch weniger von einem Standpunkt der abstrakten Moral aus. Wir mögen Kriege im Allgemeinen ablehnen, aber eins kann nicht geleugnet werden: Im gesamten Lauf der menschlichen Geschichte sind alle schwierigen Fragen letztendlich so gelöst worden. Das gilt sowohl für Konflikte zwischen Nationen (Kriege), aber auch für Klassenkonflikte (Revolutionen).
Unsere Haltung gegenüber einer speziellen Gesellschaftsform und deren Kultur kann nicht durch moralische Aspekte bestimmt werden. Ob eine sozio-ökonomische Gesellschaftsform progressiv ist oder nicht, ist einzig und allein von deren Fähigkeit zur Entwicklung der Produktivkräfte abhängig – der realen materiellen Basis, auf welcher die gesamte menschliche Kultur aufsteigt und sich entwickelt.
Der brillante, tiefgründige Denker Hegel schreibt: “Die Menschheit emanzipierte sich nicht so sehr von der Sklaverei als durch die Sklaverei“. Trotz ihres monströsen repressiven Charakters war die Sklavenhaltergesellschaft ein Schritt nach vorn, weil sie die weitere Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft möglich machte. Wir verdanken Griechenland und Rom die gesamten Errungenschaften der modernen Wissenschaften, d.h. letztlich durch die Arbeit der Sklaven.
Die Römer wandten brutale Gewalt bei der Unterjochung anderer Völker an, verkauften ganze Städte in die Sklaverei, töteten tausende Kriegsgefangene zum Vergnügen bei öffentlichen Zirkusveranstaltungen und verfeinerten die Hinrichtungsmethoden, z. B. durch die Kreuzigung. Das alles entspricht vollkommen der Wahrheit. Für uns scheint dies ein monströser Irrweg gewesen zu sein. Aber wenn wir darüber nachdenken, woher unsere moderne Zivilisation, unsere Kultur, unsere Literatur, unsere Architektur, unsere Medizin, unsere Philosophie und in vielen Fällen unsere Sprache ihre Wurzeln haben, lautet die Antwort: Aus Griechenland und Rom.
Der Niedergang der Sklavenhaltergesellschaft
Die Sklavenhaltergesellschaft enthält einen inneren Widerspruch, der zu ihrer Zerstörung führt. Obwohl die Arbeit des einzelnen Sklaven aufgrund des Arbeitszwangs nicht besonders produktiv war, so produzierte doch die große Gesamtmenge der Sklaven, wie z. B. in den Bergwerken und auf den Latifundien in Rom im letzten Zeitabschnitt der Republik, einen beträchtlichen Überschuss. Auf dem Höhepunkt des Imperiums gab es reichlich Sklaven und diese waren billig, da die Kriege Roms in erster Linie Sklavenjagden im großen Stil waren.
Aber in einem bestimmten Stadium erreichte dieses System seine Grenzen und fiel in eine längere Periode des Niedergangs. Da Sklavenarbeit nur produktiv ist, wenn sie massenhaft angewandt wird, ist die Grundvoraussetzung für ihren Erfolg eine reichliche Versorgung mit billigen Sklaven. Aber Sklaven vermehren sich in der Gefangenschaft nur sehr langsam und so konnte die ausreichende Versorgung mit Sklaven nur durch ständige Kriege garantiert werden. Als das Imperium seine Ausbreitungsgrenzen unter Hadrian erreicht hatte, wurde das zunehmend schwerer.
Der Beginn einer Krise kann in Rom bereits im letzten Zeitraum der Republik beobachtet werden, ein Zeitraum, der durch intensive soziale und politische Aufstände und Klassenkrieg gekennzeichnet ist. Von Beginn an gab es in Rom einen gewalttätigen Kampf zwischen Arm und Reich. Es gibt detaillierte Aufzeichnungen in den Schriften von Livius und anderen über die Kämpfe zwischen Plebejern und Patriziern, die mit einem faulen Kompromiss endeten. Später, als Rom bereits Herrscher des Mittelmeerraums war, nachdem sein größter Rivale Karthago besiegt worden war, konnten wir einen richtigen Kampf um die Teilung der Kriegsbeute beobachten.Tiberius Gracchus forderte, dass der Wohlstand von Rom unter seinen freien Bürgern aufgeteilt werden sollte. Sein Ziel war es, aus Italien eine Republik kleiner Bauern, und nicht von Sklaven, zu machen, aber er wurde von den Adeligen und Sklavenhaltern besiegt. Langfristig war das für Rom katastrophal. Die arme Bauernschaft – das Rückgrat der Republik – zog nach Rom, wo sie ein Lumpenproletariat bildete, eine nichtproduktive Klasse, die von staatlicher Unterstützung lebte. Obwohl ihre Angehörigen voller Ressentiments gegen die Reichen waren, zeigten sie trotzdem kein gemeinsames Interesse an der Ausbeutung der Sklaven – der einzigen produktiven Klasse im Zeitalter der Republik und des Römischen Weltreichs.
Der große Sklavenaufstand unter Spartacus war eine glorreiche Episode in der Geschichte der Antike. Das Schauspiel dieser unterdrückten Menschen, die sich mit Waffen in der Hand erhoben und den Armeen der weltgrößten Macht Niederlage über Niederlage zufügten, ist eines der unglaublichsten Ereignisse in der Geschichte. Wenn der Aufstand erfolgreich gewesen wäre und den römischen Staat gestürzt hatte, wäre der Verlauf der Geschichte ein ganz anderer gewesen.
Der Hauptgrund für Spartacus‘ Scheitern lag schließlich in der Tatsache begründet, dass die Sklaven sich nicht mit dem Proletariat in den Städten verbündeten. Solange letztere den Staat weiter unterstützen, war der Sieg der Sklaven nicht möglich. Das römische Proletariat war, anders als das moderne Proletariat, keine produktive Klasse, sondern eine rein parasitäre, die von der Arbeit der Sklaven lebte und von ihren Herren abhängig war. Darin beruht das Scheitern der römischen Revolution.
Die Niederlage der Sklaven führte in den Ruin des römischen Staates. Wegen des Fehlens einer freien Bauernschaft, war der Staat bei der Kriegsführung auf eine Söldnerarmee angewiesen. Das Gleichgewicht beim Klassenkampf schuf eine Situation, die der des modernen Phänomens des Bonapartismus ähnlich ist. Das römische Äquivalent wird als Cäsarismus bezeichnet.
Der römische Legionär verhielt sich nicht länger loyal gegenüber den Staat, sondern gegenüber seinen Kommandanten – der Mann der seinen Sold , seine Beute und sein Stück Land nach seinem Ausscheiden aus der Armee garantierte Der letzte Zeitabschnitt der Republik ist gekennzeichnet durch einen zunehmenden Klassenkampf, bei dem keine Seite in der Lage ist, einen entscheidenden Sieg zu erringen. Als Folge begann der Staat (den Engels als „besondere Formation bewaffneter Menschen“ beschrieb) eine wachsende Unabhängigkeit zu erlangen, sich über die Gesellschaft zu erheben und als letzte Entscheidungsinstanz bei den wachsenden Machtkämpfen in Rom zu erscheinen.
Eine ganze Reihe militärischer Abenteurer betreten die Bühne: Marius, Crassus, Pompeius und schließlich Julius Cäsar, ein brillanter General, ein kluger Politiker und ein ausgebuffter Geschäftsmann, der die Republik praktisch abschaffte, während er gleichzeitig ein Lippenbekenntnis für sie ablegte. Er nutzte sein Ansehen, das durch seine militärischen Triumphe in Gallien, Spanien und Britannien gestiegen war, um alle Macht in seinen Händen zu konzentrieren. Obwohl er durch eine konservative Fraktion, welche die Republik erhalten wollte, ermordet wurde, war das alte Regime dem Untergang geweiht.
Nachdem Brutus und die anderen durch das Triumvirat besiegt worden waren, wurde die Republik formal anerkannt und dieser Schein wurde durch den ersten Kaiser Augustus beibehalten. Der Titel Kaiser (imperator im Lateinischen) ist ein militärischer Titel, um den Titel König, der für republikanische Ohren eine Beleidigung war, zu vermeiden. Aber er war ein König, in allem, außer seinem Namen.
Die Formen der alten Republik überlebten noch eine lange Zeit weiter. Aber sie waren nur hohle Formen ohne wirklichen Inhalt, am Ende eine leere Hülse, die vom Wind weggeweht werden konnte. Der Senat war ohne wirkliche Macht und Autorität. Julius Cäsar hatte die respektable öffentliche Meinung schockiert, als er einen Gallier zum Senatsmitglied machte. Caligula ging noch weiter, er machte sein Pferd zum Senator. Niemand fand das falsch oder wenn doch, hielten alle ihren Mund fest geschlossen.
Es passiert oft in der Geschichte, dass überholte Institutionen überleben können, lange nachdem ihre Existenzberechtigung verschwunden ist. Sie schleppen sich durchs Leben wie ein alter Mann, der sich ans Leben klammert, bis sie von einer Revolution weggefegt werden. Der Niedergang des Römischen Reiches dauerte beinahe vier Jahrhunderte. Es war kein ununterbrochener Prozess. Es gab Zeitabschnitte der Besserung und sogar der Brillanz, aber die Generallinie ging nach unten.
In solchen Perioden gibt es ein allgemeines Unbehaglichkeitsgefühl. Es herrschen eine skeptische Stimmung, ein Mangel an Glauben und ein Pessimismus bezüglich der Zukunft. Die alten Traditionen, die alte Moral und Religion – Dinge, die wie guter Beton, die Gesellschaft zusammenhalten – verlieren ihre Glaubwürdigkeit. Anstelle der alten Religion suchen die Menschen nach neuen Göttern. In einer Periode des Niedergangs wurde Rom von einer Plage religiöser Sekten aus dem Osten überschwemmt. Das Christentum war nur eine davon, und obwohl es schließlich erfolgreich war, musste es mit vielen Rivalen kämpfen, wie z. B. den Mithraskult.
Wenn Menschen fühlen, dass die Welt, in der sie leben, anfängt zu wanken, verlieren sie die Kontrolle über ihre Existenz und meinen, dass ihr Leben und ihr Schicksal von unsichtbaren Kräften bestimmt wird und so gewinnen mystische und irrationale Tendenzen die Oberhand. Die Menschen glauben, das Ende der Welt ist nahe. Die ersten Christen glaubten dies inbrünstig, viele andere vermuteten es. Tatsächlich ging nicht die Welt dem Ende entgegen, sondern eine besondere Gesellschaftsform – die Sklavenhaltergesellschaft. Der Erfolg des Christentums lag in der Tatsache begründet, dass es mit der allgemeinen Stimmung in Einklang war. Die Welt war schlecht und sündhaft. Es war notwendig, sich von der Welt und all ihren irdischen Dingen abzuwenden und sich auf das Leben nach dem Tod zu freuen.
Warum die Barbaren triumphierten
Als die Barbaren eindrangen, befand sich die gesamte Struktur des Römischen Reiches am Rande des Zusammenbruchs, nicht ökonomisch, sondern auch moralisch und spirituell. Es war kein Wunder, dass die Barbaren von den Sklaven und den ärmeren Schichten der Gesellschaft als Befreier begrüßt wurden. Sie brachten nur ein Werk zu Ende, was im Voraus gut vorbereitet worden war. Die Angriffe der Barbaren waren ein Zufall der Geschichte, der dazu diente, eine historische Notwendigkeit umzusetzen.
Sobald das Imperium seine Grenzen erreichte, begannen sich die der Sklaverei innewohnenden Widersprüche durchzusetzen. Rom trat in eine lange Phase des Niedergangs, der Jahrhunderte dauerte, bis es schließlich von den Barbaren überrannt wurde. Die Völkerwanderung, die den Zusammenbruch des Imperiums bewirkte, war ein allgemeines Phänomen unter nomadischen Hirtenvölkern in der Antike und geschah aus verschiedenen Gründen, z. B. Mangel an Weideland aufgrund der wachsenden Bevölkerung, Klimaveränderungen usw.
Aufeinander folgende Wellen von Barbaren rauschten aus dem Osten herein: Goten, Westgoten, Ostgoten, Alanen, Lombarden, Sueven, Alemannen, Burgunder, Franken, Thüringer, Friesen, Heruli, Gepiden, Angeln, Saxen, Jüten, Hunnen und Magyaren drängten nach Europa. Das allmächtige und ewige Imperium wurde in Asche verwandelt. Das Römische Weltreich zerfiel mit bemerkenswerter Schnelligkeit unter den Hammerschlägen der Barbaren.
Der Zerfall der Sklavenwirtschaft, die monströse repressive Natur des Imperiums mit seiner aufgeblähten Bürokratie und den räuberischen Steuerpächtern untergrub bereits das gesamte System. Es gab eine ständige Tendenz in Richtung Land, wo die Grundlage für die Entwicklung einer anderen Produktionsweise – dem Feudalismus – im Entstehen begriffen war. Das gesamte Bauwerk war ins Wanken geraten und die Barbaren gaben dem verrotteten und erstarrten System nur noch den Gnadenstoß.
Im Kommunistischen Manifest schrieben Marx und Engels: „Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen“. (Hervorhebung durch den Autor)
Was mit dem Römischen Weltreich geschah, ist ein eindrucksvoller Beweis für die letztgenannte Variante. Das Versagen der unterdrückten Klassen der römischen Gesellschaft sich zusammenzuschließen und den brutalen und ausbeuterischen Sklavenstaat zu stürzen, führte zu einer inneren Erschöpfung und einer schmerzhaften Periode des sozialen, ökonomischen und kulturellen Zerfalls, der den Weg für die Barbaren frei machte.
Die unmittelbare Auswirkung des barbarischen Angriffs war die Vernichtung der Zivilisation und ein Zurückwerfen der Gesellschaft und der menschlichen Denkweise, die eintausend Jahre dauerte. Die Entwicklung der Produktivkräfte erlebte einen heftigen Stillstand. Die Städte wurden zerstört oder verlassen. Die Eindringlinge waren agrarische Völker, die nichts über Klein- und Großstädte wussten. Die Barbaren verhielten sich den Städten und ihren Einwohnern gegenüber feindlich (eine Psychologie, die unter Bauern zu allen Zeiten durchaus üblich war). Dieser Prozess der Zerstörung, Vergewaltigung und Plünderung setzte sich über Jahrhunderte fort und hinterließ ein schreckliches Erbe der Rückständigkeit, wir nennen es das Dunkle Zeitalter.
Obwohl die Barbaren Rom erfolgreich eroberten, wurden sie ziemlich schnell absorbiert, verloren sogar ihre eigenen Sprachen und sprachen am Ende einen lateinischen Dialekt. So waren die Franken, die dem modernen Frankreich ihren Namen gaben, ein germanischer Stamm, der eine Sprache sprach, die mit dem modernen Deutsch verwandt ist. Das Gleiche geschah mit germanischen Stämmen, die in Spanien und Italien einfielen. Das ist, was normalerweise passiert, wenn ein ökonomisch und kulturell rückständigeres Land eine höher entwickelte Nation erobert. Das geschah auch später, als die mongolischen Horden Indien eroberten. Sie wurden von der fortschrittlicheren Hindu-Kultur integriert und gründeten schließlich eine neue indische Dynastie – das Mogulreich.