Nach Monaten der Hexenjagd gegen den linken Flügel der britischen Labour Party organisiert jetzt ein Bündnis aus linken Gruppen und Gewerkschaften eine Kampagne für einen Sonderparteitag („recall conference“), um den Widerstand zu organisieren.
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Wir veröffentlichen hier ein Statement von Socialist Appeal, der marxistischen Strömung in der Partei. Sie war die erste, die diese Forderung im Jänner aufgestellt hat und ist ein integraler Bestandteil der jetzigen Kampagne.
Die Kampagne wurde am 8. Februar angekündigt und wird schon jetzt breit unterstützt. Zu den Initiatoren gehören die „Socialist Campaign Group“ (die 32 Linken der Parlamentsabgeordneten der Labour Party), ein Teil des NEC [National Executive Committee, der Vorstand der Labour Partei] und einige Gewerkschaften, wie die Feuerwehrgewerkschaft, Bäcker- und Lebensmittelgewerkschaft und die größte Industriegewerkschaft Unite.
Weitere Unterstützer sind linke Gruppen wie Momentum, „Don’t Leave, Organise“ [„Tritt nicht aus, organisier dich“] und "Labour4Clause4", eine Kampagne zur Wiedereinführung der von Blair gestrichenen „Clause IV“ (die das Gemeineigentum an den Produktionsmitteln fordert) ins Labour-Parteiprogramm. Nach der jetzigen Veröffentlichung werden sich vermutlich noch weitere Organisationen anschließen. Vorstandsmitglied Nadia Jama sagte:
„Das Gefüge unserer Parteidemokratie wird zerrissen. Der Parteitag, unser höchstes Entscheidungsgremium, ist der einzige Weg aus der Sauerei, in der wir uns befinden. Ich stehe voll hinter diesem Aufruf, die Demokratie mit einem Sonderparteitag wieder zurückzuerobern.“
„Das ist eine Basiskampagne, die wir alle unterstützen sollten“, so Richard Burgon. Jon Trickett fügt hinzu: „Wir brauchen Demokratie, keine Diktate.“ Beide sind Parlamentsabgeordnete für die Labour Party und Teil der Socialist Campaign Group.
Das Ziel ist, dass die Frage eines Sonderparteitags bei der kommenden Sitzung des NEC behandelt wird. So haben BasisaktivistInnen jetzt einen Monat Zeit, um Druck auf das NEC aufzubauen und sicherzustellen, dass die Forderung Realität wird.
„Neues Management“
Seit der Wahl von Keir Starmer zum Parteivorsitzenden ist der rechte Parteiflügel in der Offensive und versucht die linken Teile der Basis zu demoralisieren und aus der Partei zu verdrängen. Gleich nach der Wahl wurde das Schattenkabinett [die „Erste Reihe“ im Parlament] gesäubert: Linke wurden entfernt und durch Rechte, die sich durch Angriffe auf Corbyn und die Parteimasse ausgezeichnet haben, ersetzt.
Danach suspendierten sie Jeremy Corbyn selbst – ein bisher beispielloses Vorgehen. Nachdem sie dann dazu gezwungen wurden, ihn wiederaufzunehmen, warf die Parteiführung ihn aus der Labour-Parlamentsfraktion. Die Rechten gehen bei ihrem Versuch, die Linke aus der Partei zu säubern, offensichtlich aufs Ganze. So viel zu Starmers vielbeschworenen „Einheit der Partei“, die nichts als ein schlechter Witz ist.
Unter Starmer, der ein „neues Management“ für Labour verkündete, drängt die Partei nach rechts: Unterstützung für die Konservativen durch „konstruktive Opposition“; Enthaltungen bei Gesetzesentwürfen, die Kriegsverbrechen oder Polizeiüberwachung erlauben; und jetzt noch Liebäugeln mit der britischen Nationalflagge und „Patriotismus“. Was für Blender! Keir Hardie und die Vorkämpfer der Arbeiterbewegung drehen sich im Grab um.
Starmer und die Rechten wollen Labour in eine Establishment-Partei verwandeln, so wie sie es unter Tony Blair schon war. Sie wären gerne eine „verlässliche Ersatzelf“ für den Kapitalismus. Die Forderung nach einer Ausweitung des öffentlichen Eigentums ist vom Tisch, stattdessen gibt es üppiges Lob für den Internationalen Währungsfonds. Das ist der Weg in die Katastrophe.
Säuberungen
Als lokale Parteiorganisationen es wagten, diesem Sturm etwas entgegenzusetzen, untersagte der neue Generalsekretär (David Evans) alle Debatten und drohte den Mitgliedern mit Suspendierungen und Ausschlüssen, wenn sie sich nicht daran halten. Viele Parteiorganisationen ignorierten diesen Befehl – dutzende Vorsitzende und Sekretäre wurden dafür bürokratisch suspendiert.
„Akzeptiert das neue Regime oder ihr fliegt raus“ ist das Motto der neuen Führung. Das Ziel: eine Konterrevolution gegen die Parteibasis. Angela Raynor, die Vizevorsitzende, sprach öffentlich von „möglicherweise tausenden Ausschlüssen“. Gleichzeitig fingen regionale Parteibüros damit an, bürokratisch die Kontrolle über verschiedene Bezirksparteien zu übernehmen, um jede Opposition auszuschalten. Die Rechten sind wild entschlossen, die Linke zu zerstören.
Genug ist genug!
Es wird höchste Zeit, dass diese überheblichen Damen und Herren gestoppt und vor die Tür gesetzt werden. Ihre ständigen Angriffe führten zu einer extremen Gegenreaktion in der ganzen Partei. Die Forderung nach einem demokratischen Sonderparteitag ist ein klares Signal der Basis: „Genug ist genug!“
Wir müssen die Offensive des rechten Flügels zurückschlagen und den Spieß umdrehen. Bisher war die Linke in dieser Frage viel zu passiv. Diese Kampagne könnte ein echter Wendepunkt sein und den linken Flügel wieder wachrütteln und zum Leben erwecken. Sie kann die Basis mit einem Kampfgeist erfüllen. Die Forderung nach einem sofortigen Sonderparteitag sollte in jedem Winkel der Arbeiterbewegung auf die Tagesordnung gesetzt werden!
Tony Blair hielt 1995 einen Sonderparteitag ab, um die Clause IV – das Bekenntnis der Partei zum Sozialismus – aus dem Programm zu streichen. Wir brauchen unseren eigenen Sonderparteitag: um die Rechten zu stoppen, um die Demokratie in der Partei wiederherzustellen, um Jeremy Corbyn und alle unrechtmäßig suspendierten wiedereinzusetzen und um den rechten Flügel loszuwerden.
Es sind die Mitglieder – nicht Karrieristen und Blender – die darüber entscheiden sollten, was diskutiert werden darf und was nicht, oder wer die Partei im Parlament vertreten darf und wer nicht.
Wir müssen unsere Partei wieder in die eigene Hand nehmen, indem wir durchsetzen, dass sich unsere Parlamentsabgeordneten einer parteiinternen Wahl („open selection“) stellen müssen. Nur so können sie zur Verantwortung gezogen werden.
Und angesichts der jüngsten Entwicklungen muss der Parteitag auch darüber entscheiden, wer Generalsekretär sein soll und wer die Partei anführen soll. Wir haben genug von falschen Versprechen und Sabotage. Lasst uns Mitglieder entscheiden! Das muss auf die Tagesordnung eines solchen Sonderparteitags!
Verlangt einen Sonderparteitag!
Aber kann man uns dann nicht vorwerfen, dass wir nur Unruhe stiften würden? Wir sagen klar: wir sind nicht diejenigen, die die Partei in Geiselhaft nehmen. Erinnern wir uns daran, dass die Rechten überhaupt keine Skrupel hatten, bereits 2016 [nur kurze Zeit nachdem Corbyn mit überwältigender Mehrheit zum Parteichef gewählt wurde] einen Misstrauensantrag gegen Corbyn zu stellen und Neuwahlen verlangten. Es gab keinen Augenblick, an dem die Rechten nicht die Partei sabotiert haben.
Es reicht nicht, wütend zu sein – wir müssen zurückschlagen. Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir genau so entschlossen sein, wie der rechte Flügel. Wir halten es mit Ian Hodson, dem Präsidenten der Bäcker- und Lebensmittelgewerkschaft: „Wir haben hier ein richtiges Gefecht. Wir kämpfen um die Seele der Partei und wir sind überzeugt, dass die große Mehrheit der Mitgliedschaft hinter uns steht.“