Die Präsidentschaftswahlen im Dezember markieren einen bedeutenden Wendepunkt in der Entwicklung der venezolanischen Revolution. Aus der Sicht der Massen steht fest: Eine Stimme für Chavez ist eine Stimme für die Revolution. Auf der anderen Seite unternehmen Oligarchie und Imperialismus alles in ihrer Macht Stehende, um Chavez eine Niederlage beizubringen. Hier geht es um eine Klassenfrage, in der unser Platz an der Seite der revolutionären ArbeiterInnen und BäuerInnen gegen den Imperialismus und die Oligarchie ist.
Die konterrevolutionären Kräfte werden alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um die Wahlen zu diskreditieren: Korruption, Betrug, Lügen und alle Arten von Sabotage. Hiefür stehen ihnen jede Menge Ressourcen zur Verfügung: das Wohlwollen der Oligarchie, die Technologie der CIA, der Rückhalt der US-Botschaft sowie die gekauften Medien.
Die ArbeiterInnen und BäuerInnen kämpfen für die Umwälzung der Gesellschaft. Sie haben mit der bolivarischen Revolution bislang schon große Fortschritte erzielt. Doch solange die Macht der Oligarchie nicht gebrochen ist, drohen dem Prozess Rückschläge und tödliche Gefahren. Ein klarer Sieg des Präsidenten wird die revolutionären Kräfte stärken. Daher: Mit aller Kraft für die Wiederwahl von Hugo Chávez!
Wahlen und Klassenkampf
Wahlen sind Teil des Klassenkampfes. Und auch wenn die entscheidenden Themen letztendlich außerhalb des Parlaments entschieden werden - in den Betrieben, auf der Straße - ist der Wahlkampf ein Mittel, mit dem die revolutionären Kräfte mobilisiert werden können, um sich dabei mit der Konterrevolution zu messen.
So spielte der Wahlkampf nach dem Caracazo von 1989 eine äußerst bedeutende Rolle in der Mobilisierung der venezolanischen ArbeiterInnen und BäuerInnen. Im Grunde genommen hat jeder Sieg auf der Wahlebene (jener im Abwahlreferendum im August 2004 eingeschlossen) die revolutionäre Seite objektiv gestärkt, gleichsam die konterrevolutionäre geschwächt und den Prozess nach links bewegt. Dieser Umstand war äußerst hilfreich, die Kräfte der Reaktion zu besiegen und zu demoralisieren und hat hervorragende Bedingungen für eine sozialistische Revolution geschaffen.
Revolutionäre SozialistInnen unterstützen mit ganzer Kraft die Wiederwahl von Chavez, gleichzeitig kämpfen sie aber auch dafür, dass die Revolution vollendet wird. Einem klaren Sieg bei den Wahlen im Dezember müssen entscheidende Maßnahmen folgen, die Konterrevolution zu entwaffnen und die Oligarchie zu enteignen. Nur so kann die Revolution unumkehrbar gemacht werden.
Der Kampf auf der Wahlebene allein kann die Machtfrage jedoch nicht lösen. Er kann günstige Bedingungen für die Revolution bringen, aber letztendlich wird der Kampf um die Macht nicht durch Reden und Resolutionen im Parlament entschieden. Die Oligarchie wird niemals ihre Macht und Privilegien kampflos aufgeben. Davor die Augen zu verschließen, wäre die größte Verantwortungslosigkeit gegenüber der Revolution.
Die Bourgeoisie und die "Legalität"
Uns wird gesagt, dass wir die Gesetze des Rechtsstaates einzuhalten haben. Aber wie hält es die Oligarchie mit der Legalität? Die Großgrundbesitzer und Kapitalisten sprechen immerzu von "Demokratie", aber in Wirklichkeit unterstützen sie die "Demokratie" nur solange diese ihren Klasseninteressen entspricht. Aber wenn Wahlen eine Regierung an die Macht bringen, die nicht den Interessen der Reichen und Mächtigen entspricht, wenn sie die Interessen der Armen und Ausgebeuteten zum Ausdruck bringt, dann wendet sich die Oligarchie gegen die Demokratie und greift zu außerparlamentarischen Mitteln - Sabotage, Attentate, Staatsstreiche.
2002 organisierten diese "Demokraten" einen Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung. Nur die revolutionäre Bewegung der Massen konnte die Revolution retten. Ein paar Monate später organisierten sie Aussperrungen und die Sabotage der Ölindustrie PDVSA, was die Wirtschaft in die Knie zwingen sollte. Wiederum rettete die Arbeiterklasse die Situation, indem sie drohte die Fabriken zu besetzen und die Ölindustrie unter Arbeiterkontrolle zu stellen.
Das Abwahlreferendum 2004 war ein weiterer Versuch das Land zu destabilisieren. Unter Ausnutzung der bolivarischen Verfassung sollte die Regierung gestürzt werden. Natürlich hätte die Oligarchie im Falle eines Erfolges sofort das Recht auf Abwahl gemeinsam mit der restlichen bolivarischen Verfassung abgeschafft. Wiederum war es der unbeirrte revolutionäre Instinkt der Massen, der die Situation rettete.
Letztendlich boykottierte die Opposition die Parlamentswahlen im Dezember 2005, weil sie ein lächerliches Wahlergebnis eingefahren hätte. Damit erklärten sie der Demokratie de facto offen den Krieg. Sie warfen der venezolanischen Bevölkerung den Fehdehandschuh ins Gesicht: Egal wen ihr wählt, egal wer gewählt wird, unsere Absicht ist es, unsere Macht und unsere Privilegien zu behalten und wir werden bis zum letzten Atemzug darum kämpfen, sie zu verteidigen.
Die Oligarchie hat somit an jedem entscheidenden Punkt der Revolution ihre vollständige Ablehnung gegenüber allen demokratischen Spielregeln offen an den Tag gelegt. Sie hat permanent versucht, mit Hilfe außerparlamentarischer Methoden die vom Volk gewählte Regierung zu stürzen. Wir müssen daraus die notwendigen Schlüsse ziehen. Um weiter voran schreiten zu können, muss sich die Revolution gegen die illegale und außerparlamentarische Agitation und Aggression der Oligarchie verteidigen. Hierfür gibt es nur einen Weg: Die Oligarchie muss besiegt, entwaffnet und enteignet werden. Das heißt, der Kampf für einen Wahlsieg von Hugo Chávez muss untrennbar mit dem Kampf für den Sozialismus verbunden sein.
Die bolivarische Revolution hat große Schritte vorwärts gemacht, aber sie hat fundamentale Probleme noch nicht gelöst. Die wichtigsten Herausforderungen, die sich der Revolution stellen, sind:
1) die Frage der Wirtschaft;
2) die Frage des Staates;
3) das Fehlen eines organisierten Ausdrucks der revolutionären Bewegung;
4) die Volksbewaffnung und die Verteidigung der Revolution.
Die Wirtschaft
Nach einem entscheidenden Sieg in den Präsidentschaftswahlen würde die bolivarische Bewegung in der Nationalversammlung und auf allen anderen Ebenen der Staatsführung die Macht fest in ihren Händen halten. Es kann keine Entschuldigungen mehr geben, warum entscheidende Maßnahmen gegen die Oligarchie, die noch immer die Schalthebel der nationalen Wirtschaft innehat, nicht ergriffen werden. Solang sich das nicht ändert, kann von Sozialismus nicht die Rede sein und die bolivarische Republik wird sich permanent in Gefahr befinden. Die Oligarchie wird ihre Kontrolle über das Banken- und Finanzwesen (80% davon in den Händen spanischer Multis), die Lebensmittelversorgung (in den Händen zweier Monopole), die Telekommunikation (in den Händen von drei oder vier Multis), die Medien (kontrolliert von vier mächtigen Monopolen), private Industriekonzerne etc. immer wieder benutzen, um die Wirtschaft zu sabotieren.
Die Nationalversammlung muss ein Gesetz zur Enteignung des Großgrundbesitzes, der Banken und der Schlüsselindustrie unter Arbeiterkontrolle verabschieden. Der Reichtum Venezuelas - vor allem seine gigantischen, aber brach liegenden menschlichen Ressourcen - kann mobilisiert werden, um die dringend benötigten Häuser, Schulen und Krankenhäuser zu errichten. Befreit von der Diktatur des privaten Profitstrebens würde die Wirtschaft in einem ungeahnten Maße wachsen. Die Arbeitslosigkeit würde binnen kürzester Zeit verschwinden, wodurch die Basis für eine generelle Hebung des Lebensstandards gelegt würde. Dies ist der einzige Weg, um der Revolution eine solide Basis zu schaffen und sie unumkehrbar zu machen.
Eine sozialistische Planwirtschaft würde eine Verkürzung der Arbeitszeit ermöglichen, was die Grundvoraussetzung dafür darstellt, dass die Massen sich an der Organisierung und Verwaltung der Wirtschaft und des Staates aber auch an der Kunst, der Wissenschaft und der Kultur beteiligen. Das ist die tatsächliche materielle Grundlage, auf welcher der Sozialismus des 21. Jahrhunderts erbaut werden kann.
Der Staat
Eine echte Revolution kann nicht einfach den bestehenden Staat übernehmen und für seine revolutionären Zwecke gebrauchen. Der alte Staat der 4. Republik war ein Staat, der dafür gedacht war, den Status quo und die Interessen der Ausbeuter zu erhalten - ein kapitalistischer Staat. Er basiert auf Korruption und Gewalt gegen das Volk, ein bürokratisches Monster, welches den Interessen der Reichen und Mächtigen dient.
Das war der Staat, den die bolivarische Revolution vorgefunden hat. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert? Einige der schlimmsten Elemente im Apparat wurden ausgetauscht, und es gibt einige ehrliche bolivarische Minister und Abgeordnete, die versuchen, den Wünschen des Volkes nachzukommen. In jedem Ministerium und in der Verwaltung arbeiten aber viele Menschen, die nach wie vor Feinde der Revolution sind und gegen diese arbeiten. Korruption und Missbrauch sind weitverbreitet und der Einfluss konterrevolutionärer Elemente stellt eine permanente Bedrohung für die Revolution dar.
Will sie weiter voran schreiten, dann kann sich die Revolution nicht auf einen solchen Staat stützen, sondern muss einen neuen Staat nach ihrem Ebenbild schaffen. Orientieren wir uns entlang den Prinzipien der Räterepublik. So ein Staat würde unter der demokratischen Kontrolle der ArbeiterInnen stehen, wobei die Beamtenbezüge den Facharbeiterlohn nicht übersteigen dürfen. Alle Beamten würden gewählt werden und jederzeit abwählbar sein, wenn sie das Vertrauen der Basis verloren haben. Das ist der einzige Weg, um das Entstehen einer neuen Bürokratie zu vermeiden. Ohne die direkte Beteiligung der Massen an der Verwaltung der Wirtschaft, der Gesellschaft und des Staates bleibt Sozialismus ein leeres Wort.
Die Notwendigkeit der Organisierung der revolutionären Bewegung
Ohne Organisation kann die Revolution nicht erfolgreich sein. Die Massen halten gewaltige Macht in ihren Händen, aber dieses Potential muss organisiert und auf ein zentrales Ziel ausgerichtet werden, um nicht zu verpuffen.
In Venezuela sind heute Millionen von arbeitenden Menschen in zehntausenden Organisationen, Landkomitees, bolivarischen Zirkeln, revolutionären Versammlungen, klassenkämpferischen Gewerkschaften, Wasserkommissionen, Gesundheitsorganisationen, misiones etc. organisiert. Doch diese Organisationen sind voneinander isoliert. Es gibt keine landesweite Vernetzung, in der sie repräsentiert wären. Die politischen Parteien der bolivarischen Bewegung, die im Parlament vertreten sind, werden größtenteils als reine Wahlmaschinen betrachtet, die mit karrieristischen und reformistischen Elementen durchsetzt sind.
„Wahlkampfeinheiten für den Sozialismus" sollten in jeder Fabrik, Kaserne, Schule und Nachbarschaft errichtet werden, die lokal, regional und national miteinander durch wähl- und abwählbare Delegierte vernetzt werden. In einer landesweiten revolutionären Versammlung könnten alle Strömungen und Ideen, die in der bolivarischen Bewegung existieren, zusammentreffen und ihre Vorschläge vor die demokratische Entscheidung der organisierten revolutionären Bewegung bringen. Diese demokratischen Massenorganisationen werden beginnen, den revolutionären Kampf zu organisieren und schließlich die Geschicke des Landes in ihre eigenen Hände übernehmen. Die Errichtung solcher Organisationen ist die dringendste Aufgabe, die uns bevorsteht.
Der Gewerkschaftsverband UNT muss geeint und gestärkt werden, da er die Basisorganisation der Klasse und die Speerspitze der Revolution darstellt. Es wurde schon zuviel Zeit mit internen Streitereien vergeudet. Die UNT muss wie eine wirklich revolutionäre Gewerkschaft zu handeln beginnen und Chávez Vorschlag aufnehmen, sofort einen Plan aller verlassenen oder schlechtgeführten Unternehmen zu erstellen und diese unter Arbeiterkontrolle zu übernehmen.
Zusätzlich zur UNT gibt es die FRETECO, die Bewegung der besetzten Betriebe. Die FRETECO spielt eine zentrale Rolle bei der Vernetzung und Mobilisierung der ArbeiterInnen in den besetzten Betrieben. Sie stellt die wichtigste Waffe der revolutionären Bewegung dar und sollte in jeder Region des Landes aufgebaut werden.
Verteidigt die Revolution!
Die Imperialisten beobachten die Entwicklungen in Venezuela sehr genau. Sie verstehen, dass ein Sieg von Chavez in den Präsidentenwahlen für sie eine Gefahr darstellt und zwar nicht nur in Venezuela sondern überall in Lateinamerika.
Washington wird mit allen Mitteln versuchen Chavez zu stürzen. Die Gefahr einer Intervention ist trotz des Debakels des US-Imperialismus im Irak nicht vollständig gebannt. Wir müssen uns darauf einstellen, dass z.B. mit Hilfe kolumbianischer Söldner und Faschisten (wie bereits 2004) Invasionen und Überfälle, die das Land destabilisieren sollen, geplant sind. Die Gefahr ist sehr real und wir müssen uns darauf gut vorbereiten. Ein Volk, das nicht bereit ist sich selbst auch mit Waffengewalt zu verteidigen, ist verdammt dazu versklavt zu sein. Präsident Chávez hat festgestellt, dass Venezuela keinen Krieg will, dass das venezolanische Volk notfalls seine Revolution gegen einen fremden Aggressoren verteidigen wird. Die Errichtung einer Freiwilligenreserve ist ein Versuch die Revolution gegen die Gefahr einer Militärintervention von außen zu bewaffnen. MarxistInnen begrüßen diesen Schritt und werden alle Bemühungen die Revolution zu verteidigen unterstützen.
Die UNT sollte sich an diesem Bemühen beteiligen, indem es ArbeiterInnenmilizen an jedem Arbeitsplatz etabliert. Diese Milizen sollten von den Arbeiterversammlungen organisiert und nur diesen unterstellt sein. Alle ArbeiterInnen, BäuerInnen und Jugendlichen müssen lernen mit Waffen umgehen zu können. Die ganze Geschichte der revolutionären Bewegung zeigt, dass die Massen die einzigen konsistenten Verteidiger der Revolution sind. Es gibt unzählige revolutionäre Offiziere in der Armee, welche die ArbeiterInnen militärisch ausbilden können.
Nun behaupten manche, dies würde erst recht eine Intervention provozieren. Das Gegenteil ist der Fall! Je mehr die Bevölkerung den Umgang mit Waffen erlernt, desto größer die Abschreckung und die Chance eines friedlichen Ausgangs. Statt tatenlos abzuwarten und auf die Friedsamkeit und die Moral der Imperialisten zu vertrauen, sollten wir uns an die Losung der antiken Römischen Republik halten: "Wenn du Frieden willst, stelle dich auf den Krieg ein!"
Für ein internationalistisches Programm!
Eine Revolution, die sich auf Simón Bolívar beruft, muss für die Umsetzung von Bolívars Programm kämpfen - die revolutionäre Vereinigung Lateinamerikas. Aber unter den heutigen Bedingungen kann diese nur durch eine sozialistische Föderation Lateinamerikas realisiert werden. Es sollte ein Appell an die Völker Lateinamerikas und der Welt ausgegeben werden, dem revolutionären Weg Venezuelas zu folgen.
Letzten Endes wird die Zukunft der bolivarischen Revolution zu dem Grade davon entschieden, wie sie auf Lateinamerika und darüber hinaus übergreift. Schon heute ist das Schicksal der venezolanischen Revolution untrennbar verbunden mit dem Schicksal der kubanischen Revolution. Sie stehen oder fallen zusammen: Gelingt es dem US-Imperialismus und den reaktionären Exilkubanern in Miami den Kapitalismus in Kuba wiederherzustellen, werden nicht nur alle Errungenschaften der kubanischen Revolution zerstört, die revolutionäre Bewegung in Lateinamerika insgesamt würde einen herben Rückschlag erfahren.
Die venezolanische Revolution hat größere potentielle Reserven als ihre imperialistischen Gegner. Sie genießt die Unterstützung der Millionen Ausgebeuteten und Unterdrückten Lateinamerikas, die in der bolivarischen Revolution einen Lichtstrahl der Hoffnung sehen. In dem Maße wie die Revolution entschiedene Schritte nach vorne unternimmt und die konterrevolutionäre Oligarchie und den Imperialismus in die Defensive zwingt, wird das Vertrauen und die Kampfbereitschaft der Massen überall anwachsen. Wie ein Buschfeuer greift das Beispiel der venezolanischen Revolution zunehmend auf Länder wie Bolivien, Mexiko, Peru, denen weitere folgen werden - einschließlich der USA selbst - über.
Gegen Opportunismus und Sektierertum!
Am Vorabend zur "Schlacht um Santa Ines 2" steht die Revolution an einem Scheideweg. Die Massen, und speziell die Avantgarde, werden schön langsam der Reden und Ansprachen müde. Es ist Zeit, dass den schönen Worten Taten folgen. Nur durch die Durchführung der Revolution in der Revolution kann die Gefahr der Konterrevolution abgewehrt werden. Dies ist jedoch nur auf der Basis eines marxistischen Programms möglich.
Marx und Engels haben bereits vor langer Zeit darauf hingewiesen, dass die KommunistInnen den fortgeschrittensten Teil der ArbeiterInnenbewegung darstellen und keine besondere Partei gegenüber den andern Arbeiterparteien bilden bzw. keine von den Interessen des ganzen Proletariats getrennten Interessen haben. Alle revolutionären MarxistInnen müssen versuchen die Massen um das Programm der sozialistischen Revolution zu sammeln, welches in einer Reihe von Übergangsforderungen, angefangen bei den kleinsten wirtschaftlichen, sozialen oder demokratischen Forderungen bis hin zur Machtergreifung, besteht. Wir müssen versuchen eine Verbindung zu den Massen der ArbeiterInnen, BäuerInnen und der revolutionären Jugend, die sich heute in den Reihen der Bolivarischen Bewegung befinden, aufzubauen.
Unsere erste Aufgabe ist es die proletarische Avantgarde - die fortgeschrittensten Teile unter den ArbeiterInnen und der Jugend - rund um ein Programm der sozialistischen Revolution zu vereinigen. Wir dürfen uns nicht selbst von der Masse der revolutionären AktivistInnen der bolivarischen Bewegung, die gegen die Konterrevolution und den Imperialismus kämpfen wollen, abspalten. Die GenossInnen der Revolutionär-Marxistischen Strömung (Corriente Marxista Revolucionaria - CMR) haben diese Arbeit begonnen und müssen von den MarxistInnen auf der ganzen Welt voll und ganz unterstützt werden.
So genannte „Sozialisten", die ihre Zeit einzig dazu verwenden, die Person Chavez anzugreifen und die revolutionäre Bewegung zu spalten, diskreditieren den Sozialismus in den Augen der Massen. Marx und Engels, die Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus, haben bereits im Kommunistischen Manifest erklärt, dass der Platz, an dem die Kommunisten arbeiten müssen, innerhalb der Massenbewegung ist und nicht außerhalb. Lasst es uns klar ausdrücken: Außerhalb der bolivarischen Bewegung - und das heißt außerhalb der Bewegung der Massen in Venezuela - gibt es nichts.
Die Imperialisten verstehen die Bedeutung der bolivarischen Bewegung und sie versuchen sie zusammen mit der venezolanischen Oligarchie von innen her zu zerstören. Sie benutzen dabei das Mittel der Korruption, um sich Verbündete in der Führung der Bewegung zu kaufen. Die offiziellen Organisationen der Opposition jedoch sind kopf- und einflusslos. Der Kampf gegen die Konterrevolution ist daher nicht nur auf eine Demaskierung der pseudo-sozial-pazifistischen Propaganda Oppositioneller wie Manuel Rosales (seit 23 Jahren im sozialdemokratischen Politikgeschäft) angewiesen, die am 3.12. beim Urnengang Chávez herausfordern werden (die Unión Democrática ruft z.B. zum Wahlboykott auf), sondern auch auf einen resoluten Kampf gegen den Opportunistenflügel der bolivarischen Bewegung und die pro-bürgerlichen Elemente in der Führung.
Der einzige Weg die Konterrevolution zu besiegen und die Massen zur sozialistischen Umwälzung der Gesellschaft zu führen, besteht darin, einen entschiedenen Kampf gegen den rechten Flügel der bolivarischen Bewegung zu führen, der versucht, die Revolution abzubremsen und von ihren eigentlichen Aufgaben abzulenken und eine revolutionäre Organisation aufzubauen, welche in der Lage ist, die Massen wirklich anzuführen. Wir fordern, dass die Bezüge der Anführer auf Facharbeiterlohn begrenzt werden. Alle Ausgaben müssen den einfachen Mitgliedern einsehbar sein und alle Führer müssen von den einfachen Mitgliedern gewählt sein, mit jederzeitiger Abwählbarkeit. Für den Weg nach vorne braucht die Revolution ein marxistisches Programm.
Um einen ernsthaften Kampf gegen den Opportunismus und die Bürokratie führen zu können, muss die proletarische Vorhut organisiert werden. Dies ist die dringendste Aufgabe der venezolanischen Marxisten, die mit dem Rest der Massenbewegung Seite an Seite den Kampf führen, während sie gleichzeitig den fortgeschrittensten ArbeiterInnen und BäuerInnen die Bedeutung der Ereignisse und das Programm des revolutionären Sozialismus geduldig erklären und zwar in einer Sprache, die für die Massen verständlich ist. Diese Aufgabe erwartet die CMR, die venezolanische Sektion der Internationalen Marxistischen Strömung.
Die Revolution darf nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern muss den Worten jetzt Taten folgen lassen, sonst werden sich Skepsis, Demoralisierung und Teilnahmslosigkeit in die Bewegung einschleichen. Es darf keine weitere kostbare Zeit vergeudet werden. Die bolivarische Bewegung wird stehen oder fallen, je nachdem, ob es ihr gelingt die Grenzen der bürgerlich-demokratischen Revolution zu überwinden, die Oligarchie zu enteignen und zur sozialistischen Revolution voranzuschreiten.
[Diese Stellungnahme wurde auf dem Weltkongress der Internationalen Marxistischen Tendenz (IMT) in Barcelona im August 2006 beschlossen.]