Am vergangenen Wochenende fand in Annaberg (NÖ) das Pfingstseminar der marxistischen Funke-Strömung mit rund 120 TeilnehmerInnen aus ganz Österreich statt. Bericht und Fotos.
Seit 1994 organisiert „Der Funke“ zu Pfingsten jedes Jahr ein Seminar in den besten Traditionen der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung. Die TeilnehmerInnen waren aus Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich, Niederösterreich, der Steiermark und aus Wien ins entlegene Annaberg im Süden Niederösterreichs angereist. Darunter AktivistInnen aus der SchülerInnenbewegung, Mitglieder einer Reihe von SJ-Gruppen, StudentInnen, BetriebsrätInnen und GewerkschafterInnen von der Post, aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich, der IT- und der Druckerbranche. Außerdem konnten wir heuer wieder mehrere internationale TeilnehmerInnen begrüßen. Neben Francesco Merli als Vertreter der Internationale Marxist Tendency (IMT) nahmen an dem Seminar auch Serena Capodicasa von der italienischen Rifondazione Comunista, Ana Garcia von der Sindicato de Estudiantes (SE) aus Spanien, GenossInnen von der marxistischen Strömung in den Schweizer Jusos und der UNIA-Jugend sowie Genossen aus Deutschland und Serbien teil.
Heuer stand das Pfingstseminar natürlich ganz im Zeichen der kapitalistischen Krise und ihrer politischen Folgen. In den 18 Arbeitskreisen wurden anhand historischer, theoretischer und aktueller Fragen die Grundlagen der marxistischen Methode erarbeitet und diskutiert. Das Themenspektrum reichte von „Bürgerliche Antworten auf die Krise“ bis zu „Sozialistische Planwirtschaft“, von „Massenpsychologie des Rechtsextremismus“ bis zu den „Perspektiven des Klassenkampfs in Europa“.
In mehreren Arbeitskreisen wurde auch ganz konkret die Arbeit der MarxistInnen in den nächsten Monaten geplant. Schon am Samstag Vormittag fand im Rahmen unseres Seminars ein Vernetzungstreffen linker Postgewerkschafter statt. Im Arbeitskreis zu „Revolutionärer SchülerInnenarbeit“, der von geleitet wurde, ging es darum, wie wir ausgehend von der großen SchülerInnenbewegung der vergangenen zwei Monate im Herbst an den Schulen rund um die die SchülerInnenzeitung „Signal“ eine starke Linke aufbauen können. In einem eigenen Arbeitskreis wurde der bevorstehende Vorzugsstimmenwahlkampf der Sozialistischen Jugend Vorarlberg für Genossen Lukas Riepler geplant.
Am Samstag Abend diskutierten im Plenum Gernot Trausmuth von der Funke-Redaktion, Michael Lindnder (stv. Vorsitzender der SJÖ) und Rudi Fussi zum Thema „Linke Antworten auf die Krise“. Michael Lindner konzentrierte sich in seinem Redebeitrag vor allem auf die „Systemfehler“-Kampagne der SJÖ. Rudi Fussi hingegen beleuchtete mit vielen anschaulichen Bildern und Wortwitz die Folgen der Krise und das absolute Versagen der SPÖ-Spitze diese Krise zu bekämpfen. Er forderte die SJ-Spitze auf wieder mehr Mut an den Tag zu legen und rief alle dazu auf die Kampagne für die Einführung einer Vermögenssteuer aktiv zu unterstützen. Gernot Trausmuth kritisierte die Kräfte in der organisierten ArbeiterInnenbewegung, die uns glauben machen wollen, wir hätten es nur mit einer Krise des „Neoliberalismus“ zu tun und es gäbe ein Zurück in das Goldene Zeitalter eines durch reformistische und keynesianistische Konzepte gezügelten Kapitalismus. Die zentrale Aufgabe von linken SozialistInnen sei es nun in den Gewerkschaften, der SPÖ und der SJ die KollegInnen zu unterstützen, die eine Alternative zur Sozialpartnerschaft und zur Politik der Partei- und Gewerkschaftsspitze als notwendig erachten. In der Diskussion meldeten sich mehrere GenossInnen zu Wort. Die Betriebsrätin Lis Mandl kritisierte, dass die Genossen Lindner und Fussi die Forderung nach der Kontrolle der Wirtschaft durch die Lohnabhängigen nicht erhoben hätten. Ein Genosse erklärte mit welch strengem Regime Werner Faymann die Sozialdemokratie vor den Karren der Bürgerlichen zu spannen versucht. Er appellierte an den Vertreter der SJÖ sich keinen Maulkorb umhängen zu lassen und die Herausbildung eines linken Flügels in der ArbeiterInnenbewegung aktiv zu unterstützen. Koll. Axel Magnus (Betriebsrat bei SDW) legte dann dar, dass die Forderung nach Umverteilung sich nicht nur auf das Steuersystem beschränken dürfe. Vielmehr geht es darum, neben der Forderung nach Vermögenssteuern und einem progressiven Einkommenssteuersystem den Kampf dort zu führen, wo es dem Kapital wirklich weh tun kann – im Produktionsbereich. Ein junger Genosse aus der SJ Vorarlberg stellte die Frage, wie wir den neuerlichen Aufstieg der extremen Rechten stoppen können. Es waren sich alle einig, dass dies nur über eine Verknüpfung der antirassistischen und antifaschistischen Arbeit mit der sozialen Frage gehe und dass die Linke in Form einer bundesweiten Großdemo ähnlich wie am 28. März wieder Stärke zeigen müsse.
Diese solidarisch geführte Diskussion hat die politischen Unterschiede zwischen linkem Reformismus und der revolutionären Perspektive des Marxismus sehr deutlich gemacht, ohne jedoch in eine fruchtlose Schlammschacht abzugleiten. Die Funke-Strömung wird rund um die Losung „Eure Krise zahlen wir nicht!“ in den künftigen Kämpfen gegen Sparpakete und für echte Umverteilung sowie gegen Arbeitsplatzvernichtung und Werkschließungen ihren Beitrag leisten und auf dieser Grundlage an der Vernetzung der besten Teile der ArbeiterInnenbewegung arbeiten werde.
Am Sonntag Abend berichtete Francesco Merli im Plenum über die erfolgreiche Arbeit vor allem der neuen Sektionen und Gruppen der IMT, z.B. im Iran, in Indonesien, in Marokko, in El Salvador, in Brasilien oder in Bolivien. Er stellte seinen ausführlichen Bericht unter folgende grundlegende Überlegung: „Der Hauptwiderspruch der Epoche liegt in der Stärke der Arbeiterklasse und der Schwäche des revolutionären subjektiven Faktors.“ Dieser Zustand sei das Resultat des Stalinismus, der die politischen und organisatorischen Errungenschaften der Oktoberrevolution wieder vernichtet habe. Die Aufgabe der MarxistInnen ist es daher in den bestehenden Organisationen der Klasse zu agieren und sich als legitime Strömung der ArbeiterInnenbewegung zu etablieren. Eine Aufgabe, die sich in einer Reihe von Ländern erfolgreich gestaltet, wie die Berichte der anwesenden GenossInnen aus Italien, Spanien und der Schweiz zeigten. Besonders beeindruckend dabei die Rolle der italienischen MarxistInnen in der Rifondazione Comunista, die dort von immer mehr ArbeiterInnen als ihr Sprachrohr wahrgenommen werden. Diese Veranstaltung wurde mit dem lautstarken Singen der „Internationale“ gefolgt von „Hoch die internationale Solidarität“-Sprechchören beendet. Im Zuge des Abends wurden außerdem 650 Euro für die von unseren pakistanischen GenossInnen organisierten Flüchtlingslager im Swat/Malakand gesammelt.
Das Pfingstseminar ist aber mehr als Politik und Diskussion. Ein absolutes Highlight des heurigen Seminars war das Spiel „Wer wird Revolutionär?“, das die Genossen Fabian Laudenbach und Lukas Riepler moderierten. Sie machten aus dem bis auf den letzten Platz gefüllten Aufenthaltsraum des Jugendgästehauses einen wahren Hexenkessel. Die TeilnehmerInnen mussten in 5er-Gruppen politische Fragen beantworten und knifflige Rätselaufgaben lösen. Anschließend wurden ArbeiterInnenlieder gesungen und noch bis in die frühen Morgenstunden gefeiert und getanzt.
Dieses Pfingstseminar hat gezeigt, dass „Der Funke“ politisch und zahlenmäßig gestärkt aus diesem bewegten Frühjahr gegangen ist. Rund um die Demo vom 28. März, die SchülerInnenstreiks im März und April sowie die gewerkschaftlichen Kämpfe der letzten Wochen hat „Der Funke“ in vielen Schulen, in der SJ und in den Gewerkschaften neue UnterstützerInnen gefunden. In Vorarlberg ist es gelungen die SJ in allen Bezirken aufzubauen und zu einem wichtigen Faktor in der Sozialdemokratie dieses Bundeslandes zu machen. Der Erfolg dieser Arbeit spiegelte sich auch in der großen Vorarlberger Delegation bestehend aus SchülerInnen, Lehrlingen und jungen Arbeitern wider. Die anwesenden GenossInnen werden nun in ihren Bundesländern und in ihren Bereichen dafür sorgen, dass „der Funke ein Feuer entfachen wird“. Mehrere TeilnehmerInnen haben im Zuge des Seminars sich bereit erklärt nun aktiv am Aufbau einer starken marxistischen Strömung mitzuwirken. Wir werden nach diesem Seminar erstmals auch in Salzburg systematische Arbeit beginnen.
Abschließend sei noch erwähnt, dass dieses Seminar nur durch die aktive Mitarbeit aller TeilnehmerInnen so erfolgreich über die Bühne gehen konnte. Das Pfingstseminar ist das Produkt einer unvorstellbaren kollektiven Leistung. Einkauf, das Organisieren der An- und Abreise, Kochen, Abwaschen, Putzen, Bardienst, Kinderbetreuung (heuer waren zusätzlich zu den SeminarteilnehmerInnen 7 Kinder mit dabei), Technik, Musik usw. waren nur zu machen, weil alle TeilnehmerInnen aktiv mitgearbeitet und Verantwortung übernommen haben.
Dieses Seminar hat jedenfalls gezeigt, dass „Der Funke“ politisch und organisatorisch für die kommenden Herausforderungen gerüstet ist. Wie sangen schon die „Schmetterlinge“ in der „Proletenpassion“: Der Funke fliegt…
Source: Der Funke
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